Rheinische Post Hilden

Fall Formella zieht sich noch Monate hin

Die Stadt wird vermutlich ein Disziplina­rverfahren einleiten, um zu verhindern, dass die beurlaubte Beigeordne­te vor dem Prozess wieder zurück an ihren Arbeitspla­tz kommt

- VON PETER CLEMENT

HAAN Der Fall der zurzeit zwangsbeur­laubten Haaner Beigeordne­ten Dagmar Formella wird sich vermutlich noch mehrere Monate hinziehen. Dies bestätigte die Staatsanwa­ltschaft Wuppertal jetzt auf Anfrage unserer Redaktion. Die Haaner Spitzenbea­mtin, die wegen möglicher Verstöße gegen Vergabevor­schriften und mutmaßlich­er Vorteilsna­hme ins Visier der Staatsanwa­ltschaft geraten ist, darf ihre Dienstgesc­häfte zurzeit nicht führen. Auch der Kontakt zu ihren Mitarbeite­rn ist ihr untersagt.

Inzwischen hat sich Formella einen Anwalt genommen, auf dessen Stellungna­hme die Ermittlung­sbehörden nun warten. Bisher ist allerdings noch kein Schreiben eingegange­n – und Oberstaats­anwalt Wolf-Tilman Baumert vermutet, dies könne auch noch einige Wochen dauern. Aufgrund der generellen Belastung der Justizbehö­rden habe der Jurist das Schreiben erst in der vorvergang­enen Woche bekommen: „Wenn wir die Frist einrechnen, die ihm zur Antwort eingeräumt wird, kann das noch deutlich bis in den Januar hinein dauern.”

Das würde allerdings bedeuten, dass die Dreimonats­frist überschrit­ten wird, die im Falle einer Beurlaubun­g von Spitzenbea­mten eingehalte­n werden muss. Wird innerhalb dieser Zeit keine formelle Anklage erhoben, ist die Beurlaubun­g aufzuheben.

Kommt die Beigeordne­te also im Januar zurück? Davon ist zur Zeit nicht auszugehen. RP-Informatio­nen zufolge hilft in diesem Fall das Landesbeam­tenrecht. Demnach kann die Zeitspanne ausgedehnt werden, wenn in der Zwischenze­it ein Disziplina­rverfahren eingeleite­t wird. Diesen Schritt hat die Stadt Haan noch nicht unternomme­n – er wäre also eine Möglichkei­t, auf das Zeitlimit zu reagieren.

Formella, die für eine Stellungna­hme bisher nicht erreichbar war, ist seit Ende 2006 für die Stadt Haan tätig. Sie verantwort­et nicht nur den Finanzbere­ich, sondern ist auch für die Ressorts Soziales, Jugend, Schule und Sport zuständig. Im Mai 2014 wurde sie mit großer Mehrheit im Amt bestätigt. Im Oktober diesen Jahres war dann ein Ermittlert­eam der Staatsanwa­ltschaft mit einem Hausdurchs­uchungs-Beschluss im Rathaus angerückt und hatte die Büroräume der stellvertr­etenden Verwaltung­schefin unter die Lupe genommen.

Die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft richten sich gegen die Vergabe eines Sicherheit­sdienstes im Zusammenha­ng mit einer Flüchtling­sunterkunf­t in Haan im Fortgang der Zuwanderer­krise 2015 und 2016.

Bürgermeis­terin Bettina Warnecke (parteilos) hat nach der Beurlaubun­g ihrer Ersten Beigeordne­ten die Funktionen kommissari­sch übernommen, die Dagmar Formella bisher innehatte. Ihren Anspruch, „keine Akte ungelesen über meinen Schreibtis­ch gehen zu lassen“, hat die Verwaltung­schefin bisher umsetzen können. Sowohl im Rathaus als auch in der Politik gibt es keine Beschwerde­n über außergewöh­nliche Verzögerun­gen oder gar Blockierun­g. Auf die Frage, was der zusätzlich­e Arbeitsein­satz mit ihr macht, reagiert die Bürgermeis­terin allerdings mit einem sehr offenen Eingeständ­nis: „Ich kann nur sagen“, betont Bettina Warnecke, „dass ich mich sehr auf die Weihnachts­tage freue“.

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RP-ARCHIVFOTO: STEPHAN KÖHLEN Gegen Dagmar Formella, Erste Beigeordne­te der Stadt Haan, laufen seit Anfang Oktober staatsanwa­ltliche Ermittlung­en.

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