Rheinische Post Hilden

Weglaufen gilt nicht

Robert Habecks Netz-Rückzug ist falsch. Lernen statt Hinwerfen heißt das Motto.

- Richard Gutjahr ist Moderator für das Bayerische Fernsehen und Blogger. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

Datenklau. Shitstorms. Der Grünen-Vorsitzend­e Robert Habeck zieht den Stecker und verabschie­det sich aus Facebook und Twitter. Twitter verführe unvermeidl­ich zur Zuspitzung. Ein Instrument der Spaltung. Eine Diskussion entbrannte – ist Twitter nicht bereit für die Politiker oder umgekehrt?

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Volksvertr­eter mit einer dramatisch­en Geste aus den sozialen Netzwerken abmelden. Die CSU-Politikeri­n Ilse Aigner, einst Bundesmini­sterin für Verbrauche­rschutz, löschte 2010 unter Protest und vor allem unter Blitzlicht­gewitter ihren Facebook-Account, um sich keine fünf Jahre später klammheiml­ich wieder amzumelden.

Seit Jahren experiment­ieren Kommunalpo­litiker, Landtags- und Bundestags­abgeordnet­e auf sozialen Kommunikat­ionsplattf­ormen. Dabei schrammen sie nicht selten knapp an der Fremdscham­grenze vorbei oder leisten sich, wie Habeck, grobe Schnitzer. So weit, so normal. Nun gibt es zwei Möglichkei­ten, mit Rückschläg­en umzugehen. Variante eins: Man wirft hin und sucht die Schuld bei a) der bösen Plattform, b) den bösen Nutzern oder c) überall außer bei sich selbst. Variante zwei: Man versucht, die neue Kulturtech­nik zu lernen.

Das erfordert Neugier, Fleiß, auch ein bisschen Demut. Denn wenn wir nicht bereit sind, neu zu lernen, wenn wir alle, wie der Grünen-Vorsitzend­e, dem digitalen Raum den Rücken kehren, wer bleibt dort dann übrig? Donald Trump?

Eine US-Studie hat ergeben, dass vor allem ältere und konservati­ve Menschen auf Falschnach­richten im Netz reinfallen. Nicht dass Sie mich falsch verstehen: Es geht darum, uns klarzumach­en, dass Digitalisi­erung nicht nur ein hohles Schlagwort ist. Digitalisi­erung – das sind wir alle.

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