Weglaufen gilt nicht
Robert Habecks Netz-Rückzug ist falsch. Lernen statt Hinwerfen heißt das Motto.
Datenklau. Shitstorms. Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck zieht den Stecker und verabschiedet sich aus Facebook und Twitter. Twitter verführe unvermeidlich zur Zuspitzung. Ein Instrument der Spaltung. Eine Diskussion entbrannte – ist Twitter nicht bereit für die Politiker oder umgekehrt?
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Volksvertreter mit einer dramatischen Geste aus den sozialen Netzwerken abmelden. Die CSU-Politikerin Ilse Aigner, einst Bundesministerin für Verbraucherschutz, löschte 2010 unter Protest und vor allem unter Blitzlichtgewitter ihren Facebook-Account, um sich keine fünf Jahre später klammheimlich wieder amzumelden.
Seit Jahren experimentieren Kommunalpolitiker, Landtags- und Bundestagsabgeordnete auf sozialen Kommunikationsplattformen. Dabei schrammen sie nicht selten knapp an der Fremdschamgrenze vorbei oder leisten sich, wie Habeck, grobe Schnitzer. So weit, so normal. Nun gibt es zwei Möglichkeiten, mit Rückschlägen umzugehen. Variante eins: Man wirft hin und sucht die Schuld bei a) der bösen Plattform, b) den bösen Nutzern oder c) überall außer bei sich selbst. Variante zwei: Man versucht, die neue Kulturtechnik zu lernen.
Das erfordert Neugier, Fleiß, auch ein bisschen Demut. Denn wenn wir nicht bereit sind, neu zu lernen, wenn wir alle, wie der Grünen-Vorsitzende, dem digitalen Raum den Rücken kehren, wer bleibt dort dann übrig? Donald Trump?
Eine US-Studie hat ergeben, dass vor allem ältere und konservative Menschen auf Falschnachrichten im Netz reinfallen. Nicht dass Sie mich falsch verstehen: Es geht darum, uns klarzumachen, dass Digitalisierung nicht nur ein hohles Schlagwort ist. Digitalisierung – das sind wir alle.