Deutschland nimmt IS-Kämpfer auf
Die Justizminister stellen sich auf viele zusätzliche Strafverfahren ein.
BERLIN Die deutschen Behörden stellen sich auf die Übernahme einer größeren Zahl ehemaliger IS-Kämpfer ein. „Klar ist, dass wir deutschen Staatsangehörigen die Wiedereinreise nicht verwehren können“, sagte Schleswig-Holsteins Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack unserer Redaktion. Die CDU-Politikerin leitet die Justizministerkonferenz und sagt voraus: „Solche zusätzlichen Verfahren binden Kapazitäten, unsere Justiz wird jedoch auch diesen Herausforderungen gerecht werden.“
Zuvor hatte Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigt, dass sich die Bundesregierung mit dieser Angelegenheit befasst, weil unter den von US-Präsident Donald Trump erwähnten 800 gefangengenommenen IS-Kämpfern in Syrien auch deutsche Staatsbürger seien. In Berlin geht man von einer mittleren bis größeren zweistelligen Zahl aus. Trump hatte am Wochenende europäische Länder zur Aufnahme der IS-Kämpfer aufgefordert und damit gedroht, sie andernfalls bei einem Rückzug aus Syrien freizulassen.
Sütterlin-Waack kritisierte die Twitter-Politik des US-Präsidenten als „wenig hilfreich“. Der Umgang mit mutmaßlichen deutschen IS-Kämpfern sei „zu komplex, als dass man dazu in 280 Zeichen Politik betreiben sollte“. Es gelte, im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zunächst den gesamten Sachverhalt zu klären. Zum anderen müsse der Schutz der Bevölkerung in Deutschland vor IS-Kämpfern gewährleistet sein.
Das Innenministerium bezifferte die Zahl der aus Deutschland in den Dschihad gereisten Personen mit 1050. Davon sei rund ein Drittel zurückgekehrt, schätzungsweise 200 seien getötet worden. Nach diesen Angaben befinden sich noch 270 deutsche Frauen und (vor allem dort geborene) Kinder in Syrien und im Irak.
Die britische Premierministerin Theresa May lehnt die Aufnahme britischer IS-Kämpfer ab. Ein Regierungssprecher sagte in London, den Dschihadisten solle dort der Prozess gemacht werden, wo sie ihre Verbrechen begangen hätten.