Gefährliche Vergiftung
Die Sepsis, also die sogenannte Blutvergiftung, tritt oft bei urologischen Patienten auf. Ohne rasches Handeln droht ein schneller Tod.
Unser Leser Willi P. aus Dinslaken fragt: „Bei uns in der Nachbarschaft ist jetzt ein 72-jähriger Freund, der zuckerkrank war, an einer sogenannten Urosepsis gestorben. Hätte man sie nicht verhindern können?“
Die „Blutvergiftung“ist ein seit der Antike bekanntes Krankheitsbild, das Schrecken verursacht. Sie ist die wahrscheinlich am besten zu vermeidende Todesursache, denn etwa bis zu ein Drittel der Patienten, die an der „Sepsis“sterben, könnten bei rascher Diagnose geheilt werden. In vielen Fällen sind Patienten aus der Urologie davon betroffen („Urosepsis“), meist handelt es sich um eine Blutvergiftung bei nicht erkanntem Abflusshindernis aus der Niere, in den allermeisten Fällen verursacht durch Harnleitersteine.
Das Tückische der Sepsis ist, das sie schwer zu erkennen ist, denn nur anfänglich kommt es zu Schmerzen (etwa durch einen verklemmten Harnleiterstein). Wenn dann Bakterien durch kleine Verletzungen im Harnleiter ins Blut übertreten, ist sehr rasch ein allgemeines Unwohlsein zu bemerken, das mit Fieber, Blutbildveränderungen vor allem aber Blutdruckabfall einhergeht. Wenn man nicht sehr schnell reagiert, stirbt an einer solchen Urosepsis mindestens jeder zehnte Patient.
Sie zu erkennen, ist ärztliche Kunst. Laborwerte und sonstige Messungen helfen zwar, aber die Symptome sind zielführend: rote Wangen, blasse und kalte Hände und Füße, Benommenheit und schlechte
Peter Albers
Ansprechbarkeit. Fieber oder auch Schmerzen stehen oft nicht im Vordergrund. Am schwierigsten ist die Diagnose bei älteren Patienten, die unter Diabetes leiden und deren Nerven den Schmerz nicht mehr so schnell leiten können. Ihre Organsysteme sind durch den Zucker vorgeschädigt, und die Bakterien können sich rasch vermehren. Viele Patienten, die an der Urosepsis sterben, sind ältere Patienten etwa im Pflegeheim, die wenig getrunken haben, einen Harnleiterstein als Ursache haben und
Das Erkennen einer Sepsis ist klassische ärztliche Kunst
bei denen die Diagnose durch die geistige Verlangsamung im Alter verschleppt wurde, weil sie keine Schmerzen melden. Hier gilt es vor allem, an die Sepsis als Ursache zu denken und rasch zu handeln: Einweisung in eine Klinik, dort Blutentnahme und Ultraschall, damit ist ein Harnleiterstein rasch gefunden.
Der Urin der aufgestauten Niere, der meist eitrig ist, wird rasch entweder nach außen (über eine direkte Punktion wird ein kleiner Schlauch in die Niere gelegt) oder auch in die Blase (ein kleiner Schlauch wird am Harnleiterstein vorbei in die Niere gelegt) abgeleitet. Mit einem zusätzlichen Antibiotikum sind diese Patienten meist schnell geheilt. Verpasst man dieses Zeitfenster, steigt die Sterblichkeit rasant.
Unser Autor
Peter Albers ist Direktor der urologischen Universitätsklinik Düsseldorf.