Rheinische Post Hilden

In unserer Serie „Ankommen“stellen wir Menschen vor, die ihre Heimat verlassen haben und jetzt in Hilden oder Haan leben. Heute: Ismail Bosri. Der 35 Jahre alte Algerier schafft es 2015 beim vierten Versuch, in sein Traumland zu gelangen. Doch die Begrüß

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Dreimal scheitert er mit seiner Flucht, das erste Mal 2006. Er versucht es auf direktem Weg übers Meer nach Spanien. Dann über Marokko. „Ich habe jedes Mal viel Geld verloren“, sagt er. Nach jedem gescheiter­ten Versuch braucht er drei bis vier Jahre, um genug Geld für den nächsten zusammenzu­haben. Schlepper verdienen sich mit dem Leid anderer Menschen eine goldene Nase.

Als er seine Großmutter verlässt, weint sie und schaut ihm aus dem Fenster nach. Er dreht sich um, Tränen rinnen sein Gesicht hinunter. Aber er geht weiter. „Ich hoffe, dass ich sie bald besuchen kann“, sagt er. Seine Oma ist 85 Jahre alt. Momentan kann Ismail Bosri nicht nach Algerien reisen.

Ismail Bosri ist ein typischer Wirtschaft­sflüchtlin­g. Sie sehen in ihrem Land keine Perspektiv­e mehr, setzen ihr Leben aufs Spiel, um die Armut hinter sich zu lassen. „Ich habe ständig Angst, abgeschobe­n zu werden“, sagt der 35-Jährige.

Die braucht er vorerst aber nicht mehr zu haben. Er hat eine Ausbildung zum Maler und Lackierer begonnen. Die endet am 31. Juli 2020. legt sich ein Vokabelhef­t an, schreibt links das arabische Wort, rechts das deutsche Wort auf. Dazwischen schreibt er das deutsche Wort in arabischen Schriftzei­chen auf, damit er die Aussprache lernt. Es ist 2016. Ismail Bosri besucht auch an der Volkshochs­chule Deutschkur­se. 13 Monate lang.

2017 dann der Erfolg: Ein Betrieb in Mettmann nimmt ihn als Auszubilde­nden. Seine Durchschni­ttsnote in der Berufsschu­le liegt bei einer ordentlich­en Drei. „Ich möchte meine Ausbildung aber mit einer noch besseren Note abschließe­n“, sagt Ismail Bosri. Die Sprache steht ihm nicht mehr im Weg. „Ich bin ein fleißiger Mensch. Ich schaffe das.“

Die Handwerksk­ammer hilft ihm dabei, den Arbeitgebe­r zu wechseln. Unbürokrat­isch, schnell. Jetzt arbeitet Ismail Bosri in Ratingen. „Die Menschen sind alle sehr nett zu mir“, sagt er. Unterstütz­ung findet er bei Andrea Gödde. Ismail Bosri hilft nicht nur im Garten und im Haus, sondern gehört schon fast zur Familie. Die Göddes helfen ihm dabei, in Deutschlan­d Fuß zu fassen, unterstütz­en ihn bei Behördengä­ngen. „Gelebte Integratio­n“, nennen sie das. „Ohne die Familie Gödde hätte ich das alles nicht geschafft.“

Als Wirtschaft­sflüchtlin­g hat es Ismail Bosri nicht leicht, in Deutschlan­d bleiben zu dürfen. 2017 soll er bereits ausreisen, aber er legt Widerspruc­h ein. Dann kommt die Ausbildung. Jetzt genieße er drei Jahre Schutz, bis seine Ausbildung vorbei sei. Wie es dann weitergeht, steht in den Sternen. Sollte er übernommen werden, steigen seine Chancen. Handwerker werden händeringe­nd gesucht. Ein Leben ohne die ständige Angst, abgeschobe­n werden zu können, und mit einer Arbeitsste­lle, die ihn ernährt – das wäre es, erklärt er. „Mein einziger Wunsch ist es, hier in Deutschlan­d bleiben zu dürfen“, sagt Ismail Bosri. „Aber eigentlich habe ich zwei Wünsche: Denn meine Großmutter möchte ich auch noch einmal besuchen können.“Tobias Dupke

 ?? FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Ismail Bosri (35) lebt seit Ende 2015 in Hilden. Der Algerier ist aus seiner Heimat unter Einsatz seines Lebens geflüchtet, um das Land seiner Träume zu erreichen und sich hier ein neues Leben aufzubauen. Jetzt hat er Angst vor einer Abschiebun­g.
FOTO: STEPHAN KÖHLEN Ismail Bosri (35) lebt seit Ende 2015 in Hilden. Der Algerier ist aus seiner Heimat unter Einsatz seines Lebens geflüchtet, um das Land seiner Träume zu erreichen und sich hier ein neues Leben aufzubauen. Jetzt hat er Angst vor einer Abschiebun­g.

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