Experte motiviert zur Digitalisierung
Unternehmen müssen die digitale Transformation aktiv mitgestalten. Dazu gehört autonomes Arbeiten im Team genauso wie eine Vernetzung von Mitarbeitern und Prozessen. Aber vieles muss neu gedacht werden.
Wer im Unternehmen Veränderung will, muss raus aus seiner Komfortzone – diese These vertrat Unternehmer und Coach Horst Pütz als Referent im Wirtschaftsclub Düsseldorf. Firmen würden im Wettbewerb langfristig nur dann bestehen können, wenn sie die Digitalisierung als Chance begreifen und proaktiv umsetzten.
Auch Manager fühlten sich heute oft unwohl mit der Geschwindigkeit der digitalen Transformation. „Früher hat der Geschäftsführer immer gesagt, dass er wüsste, was zu tun ist“, erklärt Pütz vor Unternehmensvertretern und Managern aus Düsseldorf. „Heute aber zuzugeben, dass das nicht immer der Fall ist, setzt viel Selbstvertrauen voraus.“
Außerdem schaffe Veränderung oft Ängste bei den Menschen. „Aber es gibt keine Chance, der Digitalisierung zu entfliehen oder sich totzustellen“, so Pütz weiter. Und nicht nur die Veränderung selbst, sondern auch deren Tempo beunruhigt viele. „Ich selbst bin mit Kodak großgeworden und hätte mir nie vorstellen können, dass es diese Firma irgendwann mal nicht mehr gibt.“Ganz anders sei hingegen die Geschichte von Heidelberger Druckmaschinen. „Der Konzern hat bereits vor vielen Jahren angefangen, alle Maschinen weltweit zu vernetzen“, so Pütz. Durch diese Vernetzung habe das Unternehmen viel gelernt. „Während es über Jahre einfach nur Maschinen entwickelt und vermarktet hat, ist es heute im Tagesgeschäft mit drin und hat es fertiggebracht, aus Daten Wert zu schaffen.“
In Düsseldorf ist die digitale Transformation auch immer mehr präsent. So ist sie eines der zentralen Themen auf der Start-up-Woche Düsseldorf, die vom 5. bis 12. April stattfindet. Auch die IHK Düsseldorf unterstützt mit ihrer Initiative „go digital“seit zwei Jahren Unternehmen bei der Digitalisierung. Doch die digitale Transformation funktioniere nur dann, wenn man die Menschen im Betrieb auch mitnehme. „Dabei geht es um Wertschätzung, Fairness und Vertrauen, aber auch um Vorhersehbarkeit und Autonomie“, so Pütz. Das bedeute vor allem, dass Führungskräfte nicht hierarchisch Anweisungen geben, sondern gemeinsam mit den Mitarbeitern Lösungen erarbeiten sollen.
„Dazu gehört, dass man mehr auf Individuen und deren Interaktion setzt als auf Prozesse, mehr auf funktionierende Software als auf eine umfassende Dokumentation“, so Pütz weiter. „Es sollte ein größerer Fokus auf die Zusammenarbeit mit den Kunden gelegt werden, als auf Vertragsverhandlungen und mehr Reaktion auf Veränderungen geben als Festhalten an einem Plan.“Wichtig sei aber auch die Autonomie der Menschen im Betrieb. „Das heißt, sie haben natürlich eine gemeinsame Aufgabe, entscheiden aber selbständig, wann und wie diese umgesetzt wird“, erklärt Pütz.
Er macht das an einem Beispiel aus den Niederlanden fest. Dort gibt es die Buurtzorg, eine Organisation zur häuslichen Altenpflege, in der sich die Pflegekräfte ohne
Hierarchien selbst im Team organisieren. „Die Buurtzorg war zeitweise das am schnellsten wachsende Unternehmen in Holland.“Hatte es 2007 gerade einmal vier Pflegekräfte, waren es 2015 schon 9700, die sich in 850 Teams organisierten, um jährlich 70.000 Patienten zu versorgen. „Auch in der Urlaubsplanung könnten sich Teams einfach abstimmen, ohne dass ein Vorgesetzter dann noch seine Unterschrift unter den Urlaubsantrag setzen müsste“, meint Pütz – und das natürlich am besten digital.