Rheinische Post Hilden

Populisten in die Pflicht nehmen

Darf man mit Rechten koalieren wie in Österreich? Manchmal muss man sogar.

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Zugegeben: Es ist leicht, jetzt empört zu sein. Was aus Österreich an Nachrichte­n zu uns drang, ist widerlich. Gut, dass die Bereitscha­ft des Chefs der rechten FPÖ ans Licht gekommen ist, schmutzige Deals mit den Russen zu machen. Gut, dass die FPÖ aus der Regierung geflogen ist. Und ehrenwert, wenn nun CSU-Chef Markus Söder und der Staatsmini­ster im Auswärtige­n Amt, Michael Roth, daraus die Forderung ableiten, Koalitione­n mit Nationalis­ten und Populisten seien verderblic­h. Bloß: Besonders realistisc­h ist das nicht. Söder wie Roth sprechen gewisserma­ßen vom bequemen Sofa aus, mit einem AfD-Stimmenant­eil von

10,2 (Bayern) beziehungs­weise 12,6 Prozent (Bund). Die FPÖ erreichte 2017 bei der Nationalra­tswahl 26 Prozent. Das sind ganz andere Dimensione­n. Was wäre denn die Alternativ­e gewesen? Österreich weiter mit der morschen „großen“Koalition zu quälen und zu warten, bis die Rechten stark genug sind für die Kanzlersch­aft? Man muss auch gar nicht bis nach Wien schauen; Magdeburg genügt völlig. Fast hätten in Sachsen-Anhalt 2016 Linke und AfD gemeinsam eine Mehrheit errungen – eine rein negative Mehrheit, denn eine Regierung wäre daraus nie entstanden. Dann aber hätte die CDU mit einem der beiden koalieren müssen. Denn so lange zu wählen, bis einem das Ergebnis passt, ist keine Alternativ­e (mehr). Politik beginnt nicht nur mit dem Betrachten der Wirklichke­it, sie muss sich auch in der Wirklichke­it bewähren. Die FPÖ hat diese Prüfung spektakulä­r vergeigt. In einer ersten Umfrage liegt sie jetzt nicht mehr elf, sondern 20 Punkte hinter der ÖVP von Kanzler Sebastian Kurz. Wenn radikale Populisten Schiffbruc­h erleiden, ist das gut. Fürs Erste wird ihnen kaum anders beizukomme­n sein, als sie in die Pflicht zu nehmen – an der sie dann scheitern werden.

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