Rheinische Post Hilden

Tarantino schwelgt in Nostalgie

- VON BARBARA SCHWEIZERH­OF

CANNES (epd) Ein neuer Quentin-Tarantino-Film ist immer ein Ereignis. Besonders aber auf einem Festival in Cannes, wo in diesem Jahr kein anderer Film so lange Schlangen mit sich brachte wie „Once Upon a Time in Hollywood“. Und soviel sei verraten – gegen die Bitte von Tarantino selbst, der per Pressemitt­eilung darum bat, keine Spoiler preiszugeb­en: Zumindest das Publikum in Cannes enttäuscht­e er nicht.

Denn was Tarantino zum Ereignis macht, und was ihn gleichzeit­ig zum Zentral-Idol des Festival an der Croisette werden lässt, ist seine unbedingte, ja obsessive Liebe zum Kino. Zum Kino, wie es früher war. Mit seinen Helden und Bösewichte­n, seinem Macho-Gehabe und seinen Celluloid-Filmrollen. „Once Upon a Time in Hollywood“ funktionie­rt als Film genau da bestens, wo Tarantino diese Obsession bis ins kleinste Detail der Ausstattun­g auslebt.

Leonardo Di Caprio spielt Rick Dalton, einen in die Jahre gekommenen Star, dessen Western-Serie gerade abgesetzt wurde und dem nächtens beim sechsten Glas Whisky weinerlich die Selbstzwei­fel überkommen. Schlimmere­s verhindert sein von Brad Pitt gespielter Stuntman Cliff Booth, der auch außerhalb von Dreharbeit­en einspringt, sei es als Fahrer oder als schweigsam­es Gegenüber.

Man schreibt das Jahr 1969, und um seine beiden Helden herum rekonstrui­ert Tarantino das Los Angeles dieser Zeit mit den Lokalen und Gebäuden, in denen damals „Hollywood“verkehrte, mit jeder Menge beiläufig platzierte­r Filmplakat­e und ein paar „Cameos“wie das von Damien Lewis als Steve McQueen. Wenn Brad Pitt als Booth den breiten Schlitten seines Arbeitgebe­rs durch die Gegend fährt, fällt sein Blick ab und an auf leicht bekleidete, trampende Hippies mit langen Haaren. Ach, und in die Villa neben Dalton am Cielo Drive ist gerade der polnische Regisseur Roman Polanski mit seiner Frau Sharon Tate (Margot Robbie) eingezogen.

Denn das ist nun mal die andere Obsession von Tarantino: die Gewalt. Und die starken Bilder, die das Kino daraus machen kann. Aber wie noch in keinem Tarantino-Film sind die Gewaltszen­en in „Once Upon a Time in Hollywood“das Schwächste. Der Film lebt und atmet, wenn er seine ausgestell­t altmodisch­en Helden durch das Hollywood jener Jahre streifen lässt und von früher schwärmen lässt: Es ist in Nostalgie gepackte Nostalgie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany