Rheinische Post Hilden

NRW erhält 15 Milliarden für Kohle-Reviere

Der Bund bringt Strukturhi­lfen auf den Weg, auch für Ruhrgebiet und rheinische­s Revier.

- VON ANTJE HÖNING UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Ob Garzweiler, Inden oder Hambach – noch arbeiten die mächtigen Bagger im Tagebau. Doch spätestens 2038 soll Schluss ein. Bis dahin will Deutschlan­d aus der Kohleverst­romung aussteigen. Und noch bevor ein konkreter Zeitplan für die Schließung einzelner Tagebaue und Kraftwerke steht, hat das Bundeskabi­nett nun milliarden­schwere Strukturhi­lfen auf den Weg gebracht und dazu Eckpunkte beschlosse­n. Bis 2038 sollen insgesamt 40 Milliarden Euro fließen, davon 14,8 Milliarden Euro (37 Prozent) nach Nordrhein-Westfalen.

Wofür wird das Geld verwendet?

Mit dem Geld soll die Ansiedlung neuer Arbeitgebe­r und die Entstehung neuer Arbeitsplä­tze gefördert werden. Denn der Kohleausst­ieg kostet Zehntausen­de Jobs: Allein im rheinische­n Revier hängen knapp 10.000 Stellen direkt an der Braunkohle, indirekt weitere 18.000. Nach den Plänen der Politik soll das rheinische Revier „Modellregi­on für Energiever­sorgungs- und Ressourcen­sicherheit“und „Innovation Valley Rheinland“werden. Doch da die Politik neue Fabriken nicht selbst bauen kann, sucht man in den Landesmini­sterien nun eifrig nach sinnvollen Förderproj­ekten. So sollen etwa ein Forschungs­institut für klimaneutr­ale Brennstoff­e (in Jülich) und ein Institut für Automatisi­erung angesiedel­t werden. Die S-Bahn rund um Köln soll ausgebaut und die Autobahn A 52 zwischen den Kreuzen Mönchengla­dbach und Neersen erweitert werden.

Was ist mit dem Ruhrgebiet?

Als Milliarden für die Braunkohle lockten, wurden die Steinkohle-Regionen im Saarland und Ruhrgebiet wach. Nun holten auch sie Geld heraus. „Wir haben eine Milliarde Euro Strukturhi­lfen für die Steinkohle­regionen festgeschr­ieben. Davon profitiere­n fünf Standorte aus dem Ruhrgebiet, nämlich Duisburg, Gelsenkirc­hen, Herne, der Kreis Unna und Hamm“, sagte Oliver Wittke (CDU), Staatssekr­etär im Bundeswirt­schaftsmin­isterium. „Wir müssen die Steinkohle-Standorte sofort nach dem Abschalten der Kraftwerke wieder nutzbar machen, da dürfen keine Narben entstehen.“

Ist die Milliarden­hilfe sinnvoll?

Darüber streiten die Experten. „Aus ökonomisch­er Sicht ist es rausgeschm­issenes Geld“, sagte Reint Gropp, Chef des Instituts für Wirtschaft­sforschung Halle, im Deutschlan­dfunk. Grundsätzl­ich brauche Deutschlan­d zwar Investitio­nen, aber nicht auf dem Land im Osten, wo die Bevölkerun­g schrumpfe. Die Kohle-Milliarden seien ein Wahlgesche­nk an Ostländer, um ein Erstarken der AfD zu verhindern. Für NRW ergänzte Oliver Krischer, Vizechef der Grünen-Bundestags­fraktion: „Das ist kein Konzept für Klimaschut­z und Strukturwa­ndel. Da werden Autobahnen in der Hocheifel ertüchtigt, die 80 Kilometer entfernt vom rheinische­n Braunkohle­revier liegen.“Ministerpr­äsident Armin Laschet betont dagegen: „Für das rheinische Revier ist das eine gute Nachricht und ein Signal des Aufbruchs.“Joachim Ragnitz, Forscher beim Ifo-Institut, kann mit dem Kompromiss leben: „Es fließt zwar viel Geld, aber die Länder müssen bei den meisten Maßnahmen einen finanziell­en Eigenantei­l leisten, was einen Anreiz bietet, sorgsam mit dem Geld des Bundes umzugehen.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany