„Ich bin ein Gegner von Subventionen“
Der Vorsitzende des Komödie-Freundeskreises ärgert sich über die Verteilung von Steuergeldern für die Theater in der Stadt.
Die angeschlagene Komödie soll erneut Geld von der Stadt erhalten. Der Kulturausschuss entscheidet am 9. Juni über 100.000 Euro. Jetzt holt Hajo Riesenbeck unverhofft zum Rundumschlag aus. Der Vorsitzende des Freundeskreises des Privattheaters wettert gegen Kulturpolitiker und Schauspielhaus.
Herr Riesenbeck, die Komödie soll erneut einen Zuschuss erhalten. Dennoch sind Sie ziemlich sauer. Warum?
HAJO RIESENBECK Mich ärgert, dass hier die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt wird. Zum einen erhalten andere Privattheater wie das Marionettentheater längst Subventionen in Höhe von 285.000 Euro. Zum anderen bekommt das Schauspielhaus 40,2 Millionen Euro Subventionen im Jahr. So hat es der Bühnenverein für 2016/2017 in seiner Statistik veröffentlich. Und dann wird so viel Aufhebens um die 100.000 Euro gemacht, die man uns nach viel Gegenwehr zur Verfügung stellen möchte.
Die Subvention eines Privattheaters ist in Düsseldorf nicht selbstverständlich. Es ist doch nicht verwunderlich, dass darüber diskutiert wird.
RIESENBECK Wie erwähnt, es werden Privattheater unterstützt, aber sehr unsystematisch. Bei uns gab es wohl erheblichen Widerstand von den Grünen, die die Komödie als Ort niederer Kultur abgetan haben. Ich habe mich daraufhin an die Zahlen gemacht und festgestellt, dass, wenn man die Besucherzahlen und die Gelder, die in subventionierte Theater fließen, ins Verhältnis setzt, es schlichtweg eine Anmaßung ist, wegen 100.000 Euro für ein Privattheater einen solchen Wirbel zu veranstalten.
Was meinen Sie damit denn konkret?
RIESENBECK Das Schauspielhaus hat aus Eintrittsgeldern lediglich vier Millionen Euro eingenommen, pro Besucher macht das eine Subvention von 146 Euro. Die Komödie hatte mit 66.058 Besuchern etwa ein Drittel der Gesamtbesucherzahl des Schauspielhauses. Als Extremfall haben wir das Forum Freies Theater, das laut Bühnenverein in der Spielzeit 2016/17 lediglich 21.079 Besucher hatte und mit 1,7 Millionen Euro im Jahr von der Stadt unterstützt wird. Das heißt: Es wird mit 80 Euro Subvention pro Besucher am Leben gehalten. Ich muss sagen, das muss ein hohes Stück Kultur sein, das man sich da leistet. Haben Sie je eine Vorstellung im FFT besucht?
RIESENBECK Nein, ich war nie dort. Mir geht es auch nicht um Inhalte, sondern um Wettbewerbsgleichheit der Theater.
Inhaltliche Unterschiede zwischen Boulevardtheater, experimenteller und Schauspielhaus-Bühne sehen Sie nicht?
RIESENBECK Wenn man sich anmaßt, über inhaltliche Unterschiede zu sprechen, bitte: Das Schauspielhaus spielt auch Musicals, die in Musicalhäusern gezeigt werden können, nennt das dann nur anders. Im vergangenen Jahr habe ich genau ein solches Stück gesehen.
Meinen Sie das David-Bowie-Musical „Lazarus“oder „In 80 Tagen um die Welt“?
RIESENBECK Ich glaube, es war Letzteres. Das Stück war jedenfalls nah am Programm von Komödie und Theater an der Kö. Ich habe ja auch gar nichts dagegen, aber dann sollte man auch nicht über ein Boulevardtheater schimpfen, wenn man selbst derartige Stücke zeigt.
Schimpft denn das Schauspielhaus über die Komödie?
RIESENBECK Nein, aber die Politiker, die just jene Subventionen möglich machen, mit denen das Schauspielhaus Boulevard-nahe Inszenierungen finanziert.
Das heißt, Sie ärgern sich nicht über das Schauspielhaus, sondern über die Politiker?
RIESENBECK Ich kritisiere beide. Ich halte das Schauspielhaus für extrem schlecht gemanagt. Wenn ich sehe, dass es mit 40,2 Millionen Euro im Jahr bezuschusst wird und dort 94 Personen allein in der Verwaltung arbeiten und für die Führung mit sieben Personen 1,3 Millionen Euro ausgegeben werden, dann muss man sich doch fragen, warum der Aufsichtsrat das zulässt. Offenbar haben die Mitglieder kein Verständnis für Zahlen. Wenn man es mit dem Schauspielhaus in Hamburg oder dem Deutschen Theater in Berlin vergleicht, sieht man, wie schlecht das Schauspielhaus abschneidet. Wenn die Bürger die Fakten im Detail kennen würden, gäbe es einen Aufstand. Dem Schauspielhaus selbst werfe ich vor, dass es einen negativen Preisschirm über die Theater spannt. Das Theater hält die Eintrittspreise niedrig, so dass Privattheater wie die Komödie ihre nicht erhöhen können. Zehn Jahre lang haben wir daher auf eine Anhebung der Ticketpreise verzichten müssen. Jetzt ändern wir das langsam.
Das Schauspielhaus hat soeben die Preiskategorien ausdifferenziert und im Schnitt um sieben Prozent erhöht.
RIESENBECK Ja, aber das reicht natürlich nicht aus. Die Preise müssen stärker differenziert werden. Es gibt durchaus Menschen, die bereit und in der Lage sind, 200 bis 300 Euro pro Karte zu bezahlen. Nehmen Sie doch Konzerte von Popgrößen oder den Fußball – da kosten Tickets teilweise mehrere 100 Euro. Die Tonhalle nimmt für außergewöhnliche Konzerte auch deutlich höhere Preise als üblich. Es gibt aber noch ein anderes Thema: die Werbung. Die öffentlichen Häuser können sämtliche Werbeflächen der Stadt kostenlos nutzen, die Komödie und das Theater an der Kö können dies nicht. Das ist nicht in Ordnung.
Subventionierte Theater bekommen Geld, weil sie im Gegensatz zu Privattheatern einem Bildungsauftrag folgen: Sie bringen Themen auf die Bühne, um den Menschen zu befähigen, die Gesellschaft, in der er lebt, aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, zu hinterfragen und sich zu positionieren. RIESENBECK Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Wo ist denn die Bildung bei Stücken, die so modern sind, dass sie niemand versteht? Wenn sich Nackte auf der Bühne mit Blut bewerfen, ist das keine Bildung.
Sie meinen „Macbeth“von Jürgen Gosch. Das ist 14 Jahre her. RIESENBECK Wie auch immer. Es gibt viele moderne Stücke, die meines Erachtens mit Bildung nichts zu tun haben, sondern bloß der Selbstdarstellung einzelner Regisseure dienen.
Die Komödie vermittelt mit ihrem Boulevard-Anspruch in Ihren Augen Bildung?
RIESENBECK Sie hilft den Menschen, den manchmal schweren Alltag für einige Stunden zu vergessen und zu lachen. Daneben enthalten Witze auch immer viel Lebensweisheit, wie wir wissen.
Gehen Sie häufiger ins Schauspielhaus?
RIESENBECK Ich besuche alle, Tonhalle, Oper, Schauspielhaus und qua Job die Komödie. Da ich jedoch nicht immer in Düsseldorf bin, ist die Zahl dieser Besuche begrenzt.
Welches Stück haben Sie im Schauspielhaus zuletzt gesehen? RIESENBECK „Hamlet“. Die Inszenierung war unendlich weit weg vom Original. Mit der klassischen Version, die ich aus meinem Reclamheft kenne, hatte das nichts zu tun.
Ich glaube, Sie sind traumatisiert. RIESENBECK (lacht) Dann sagen Sie mir, wenn es wieder ein Stück gibt, das ich erkenne. Dann schaue ich es mir an.
Der „Hamlet“ist übrigens meist ausverkauft.
RIESENBECK Kann ja sein. Mir steht es ja auch gar nicht zu, irgendetwas inhaltlich zu bewerten. Ich vergleiche lediglich Auslastung und staatliche Zuschüsse betriebswirtschaftlich und sehe einen unfairen Wettbewerb. Das stört mich, denn ich bin im Grunde ein Gegner jeder Förderung.
Das heißt, Sie sind auch gegen eine Bezuschussung der Komödie? RIESENBECK Mein Bestreben ist, dass wir gar keine Zuschüsse benötigen, denn am Ende des Tages muss sich alles rechnen. Wenn etwas subventioniert wird, lässt das Kostenbewusstsein auf Dauer nach. Das sehen Sie an den subventionierten Theatern, die nichts ändern, weil sie wissen, dass das Geld ohnehin kommt.