Rheinische Post Hilden

Klima-Protest dämpft Wahlchance­n der CDU

Kurz vor der Europawahl machen demonstrie­rende Jugendlich­e Druck auf die Regierungs­parteien. Profitiere­n dürften die Grünen.

- VON KRISTINA DUNZ UND EVA QUADBECK

BERLIN/DÜSSELDORF Bundesweit sind am Freitag wieder Zehntausen­de Schüler, Studenten, aber auch ältere Bürger für die Klimaschut­z-Bewegung „Fridays for Future“auf die Straße gegangen. In den großen Städten Nordrhein-Westfalens waren es mehr als 20.000 Schüler, die den Unterricht ausfallen ließen und für mehr Klimaschut­z demonstrie­rten. Deutschlan­dweit gab es Proteste in über 200 Städten. Internatio­nal mobilisier­te das Klimanetzw­erk an rund 1600 Orten Kundgebung­en. Gründerin und Führungsfi­gur Greta Thunberg beteiligte sich in ihrer Heimat in Stockholm. Sie nannte es „unglaublic­h“, dass zur gleichen Zeit Hunderttau­sende Kinder und Jugendlich­e weltweit für das Klima demonstrie­rten. In Brüssel, Straßburg und Luxemburg kam es zu Protesten vor den europäisch­en Institutio­nen.

Für die CDU hat sich das Thema Klima im Wahlkampfe­ndspurt als Stimmungsk­iller erwiesen. Hinter vorgehalte­ner Hand räumten Spitzenpol­itiker der Union ein, dass man tatsächlic­h keine überzeugen­den Positionen zum Klimaschut­z habe. Das zur Wochenmitt­e veröffentl­ichte polemische Video des Youtubers Rezo rückte das Defizit der Union bei diesem Thema gerade bei jungen Menschen noch einmal in den Fokus. Dass es Bund und Ländern gerade gelungen ist, den Kohleausst­ieg festzuzurr­en und dass auch die Tage von Atomkraftw­erken in Deutschlan­d gezählt sind – damit drangen die Regierungs­parteien kaum noch durch.

Die jüngsten Umfragen sehen in Deutschlan­d prompt die Grünen als die großen Gewinner der Europawahl. In einer am Freitag vom Meinungsfo­rschungsin­stitut Ipsos veröffentl­ichten Umfrage kamen die Grünen auf 18 Prozent und lagen damit knapp vor der SPD, die nur auf 17 Prozent kam. Die Union lag bei 27 Prozent.

Die scharfe Kritik junger Menschen an den Regierungs­parteien löste unterdesse­n in der CDU erste Bewegungen aus. So sprach sich der Vorsitzend­e der Brandenbur­ger CDU, Ingo Senftleben, gegen die Parteilini­e für die generelle Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre aus: Das war in der Partei jüngst noch abgelehnt worden. „Es ist wichtig, eine Generation, die sich politisch beteiligen will, früher und besser einzubinde­n“, sagte Senftleben unserer Redaktion. „Wir erleben eine junge Generation, die sich und ihren politische­n Ansichten lautstark Luft macht, auf Demonstrat­ionen wie bei ,Fridays for Future’ oder gegen Artikel 13 und im Internet wie jetzt in einem viel diskutiert­en Youtube-Video.“Der CDU-Politiker warnte davor, die Jugend hochnäsig und herablasse­nd zu behandeln, „nur weil uns ihre Kritik unangenehm ist“. Senftleben forderte: „Lassen wir unsere Jugend wählen. Holen wir sie von Youtube ins Wahllokal.“Demokratie sei nur dann gut, wenn man dabei sein dürfe.

Europaweit wird bei den Wahlen mit einem Zuwachs für populistis­che Kräfte gerechnet. Bereits am Donnerstag hatten Großbritan­nien und die Niederland­e gewählt. In Großbritan­nien dürfte die Brexit-Partei des EU-Gegners Nigel Farage stärkste Kraft werden. In den Niederland­en konnten Prognosen zufolge die Rechtspopu­listen unter Thierry Baudet ebenfalls zulegen. Allerdings sind dort voraussich­tlich die Sozialdemo­kraten mit ihrem Spitzenkan­didaten Frans Timmermans Sieger der Wahl. Offizielle Ergebnisse dürfen jedoch erst nach Schließung der Wahllokale in allen EU-Ländern veröffentl­icht werden, damit die Wahlen nicht durch bereits vorliegend­e Ergebnisse beeinfluss­t werden.

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