Rheinische Post Hilden

Damit die Tierarztpr­axis rund läuft

Tierliebe ist wichtig, aber der Berufsallt­ag eines Tiermedizi­nischen Fachangest­ellten erfordert weit mehr als das.

- VON SABINE MEUTER

Ein Hund zeigt Lähmungser­scheinunge­n, eine Katze hat Würmer, ein Meerschwei­nchen frisst seit einigen Tagen nicht mehr – mit solchen Fällen hat Ronja Nägel täglich zu tun. Die 26-Jährige absolviert eine Ausbildung zur Tiermedizi­nischen Fachangest­ellten (TFA) in der Tierklinik Lüneburg.

Inzwischen ist sie an den Umgang mit kranken Tieren gewöhnt. Und doch gibt es immer noch Tage, an denen sie starke Nerven haben muss. „Manchmal kann es einem ganz schön nahe gehen, wenn man sieht, wie sehr ein Tier leidet“, erzählt Nägel. Gleichzeit­ig müssen sich TFA um die Menschen kümmern, die mit ihrem Tier in die Praxis kommen. Manche sind völlig aufgelöst, andere regelrecht verzweifel­t. „Da gilt es dann, auf sie einzugehen und einfühlsam mit ihnen zu reden.“

TFA untersuche­n zum Beispiel im Labor Blut oder Urin und assistiere­n dem Tierarzt, wenn eine Wunde genäht oder ein Tier geimpft werden muss oder eine umfangreic­he Diagnose ansteht. Sie fertigen Röntgenauf­nahmen an, bereiten Operatione­n vor und helfen dem Tierarzt bei Eingriffen. Sie betreuen Tiere in der Aufwachpha­se nach der Narkose, kümmern sich um die artgerecht­e Unterbring­ung und die stationäre Versorgung. Daneben schreiben sie Rechnungen und dokumentie­ren Befunde, bestellen Medikament­e und Material.

„Die Angestellt­en müssen in jedem Fall sehr flexibel sein“, sagt Silke Agus vom Verband medizinisc­her Fachberufe in Bochum. Es kann vorkommen, dass auch außerhalb der regulären Dienstzeit ein Tier Hilfe benötigt und die Fachangest­ellten assistiere­n müssen.

Nägel kommt mit ihrem berufliche­n Alltag gut klar. Längst hat sie sich daran gewöhnt, dass sie als TFA-Auszubilde­nde in einer Tierklinik im Wechsel Früh-, Spät- und Nachtschic­ht hat. Wochenendd­ienste fallen ebenso regelmäßig an. „Dafür gibt es Freizeitau­sgleich unter der Woche“, erzählt Nägel.

Wer sich für die dreijährig­e Ausbildung interessie­rt, sollte gute Noten in Physik, Chemie und Biologie mitbringen. Dann fällt es leichter, Abläufe bei Laborarbei­ten zu verstehen. Genauso wichtig ist es aber offen und freundlich auf Menschen zugehen zu können.

So interessan­t und abwechslun­gsreich der Beruf ist – „gut bezahlt ist die Tätigkeit nicht“, findet Nägel. TFA bekommen nach Angaben der Bundesagen­tur für Arbeit in tarifgebun­denen Betrieben eine Bruttoverg­ütung von 630 Euro monatlich im ersten, 680 Euro im zweiten und 730 Euro im dritten Ausbildung­sjahr. Das Einstiegsg­ehalt als ausgebilde­te Fachkraft beträgt laut Agus derzeit tariflich im Schnitt 1730 Euro. „Je nach Tätigkeits- und Verantwort­ungsbereic­h kann das Einkommen bei um die 1900 Euro liegen.“Nach ihrer Ausbildung können TFA in Praxen oder Kliniken arbeiten, in Zoos, in der Forschung oder in der Industrie. Auch in Gesundheit­sund Veterinäru­ntersuchun­gsämter kommen sie unter. Wer weiterkomm­en möchte, kann sich zum Beispiel zum Hundefachw­irt oder zum Fachwirt im Gesundheit­sund Sozialwese­n weiterbild­en.

Ronja Nägel hat einen Rat an andere, die eine Ausbildung als TFA anstreben: „Tierliebe allein reicht nicht.“Der Alltag ist mitunter hart, manche Situatione­n sind psychisch belastend. Etwa dann, wenn ein Tier lange mit seiner Krankheit gekämpft hat und letztlich stirbt. „Man muss sich zu dem Beruf im wahrsten Sinne des Wortes berufen fühlen, sonst kommt man nicht klar“, sagt Nägel.

 ?? FOTO: MARKUS SCHOLZ/DPA-TMN ?? Was bei der stationäre­n Versorgung und Pflege tierischer Patienten zu beachten ist, lernt Ronja Nägel in ihrer Ausbildung zur Tiermedizi­nischen Fachangest­ellten.
FOTO: MARKUS SCHOLZ/DPA-TMN Was bei der stationäre­n Versorgung und Pflege tierischer Patienten zu beachten ist, lernt Ronja Nägel in ihrer Ausbildung zur Tiermedizi­nischen Fachangest­ellten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany