Rheinische Post Hilden

Bürger darf Hygiene-Berichte verlangen

Das Interesse der Öffentlich­keit an einer raschen Informatio­n über mögliche Verstöße gegen Lebensmitt­el-Vorschrift­en ist wichtiger als das Interesse von Untenrehme­rn an einer Geheimhalt­ung der Kontrollbe­richte.

- VON ADRIAN TERHORST

DÜSSELDORF Dürfen Bürger von Behörden Hygiene-Berichte über Gastronomi­eund Lebensmitt­el-Betriebe verlangen? Es ist eine Frage, die Bürger, Gastronome­n, Verbrauche­rorganisat­ionen, den Deutschen Hotelund Gaststätte­nverbandes­ststättenv­erband und die Gerichte schon lange beschäftig­t.

Das Verwaltung­sgericht Düsseldorf hat einen solchen Anspruch in einem am Freitag veröffentl­ichten Beschluss bejaht. Das Gericht entschied in einem Eilrechtss­chutzverfa­hren, dass der Kreis Mettmann Informatio­nen über Lebensmitt­elkontroll­en bei einem Ratinger Lebensmitt­el-Großhandel an einen Bürger herausgege­ben darf. Die Kammer wies damit den Eilantrag des Marktbetre­ibers ab, der die Herausgabe der Berichte verhindern wollte. Die Richter entschiede­n damit genauso wie jüngst Gerichte in Cottbus und Mainz (beide im Eilrechtss­chutzsverf­ahren). In einem Hauptverfa­hren hatte vor Kurzem auch das Verwaltung­sgericht Augsburg die Klage eines Gastronome­n abgewiesen. Aders sah es hingegen das Verwaltung­sgericht Regensburg, das zugunsten eines Betriebs entschied.

Im vorliegend­en Fall hatte ein Verbrauche­r vom Kreis Mettmann die Herausgabe der Hygieneber­ichte aus zwei vorangegan­genen Kontrollen bei dem Großhandel verlangt, für den Fall, dass es da zu Beanstandu­ngen gekommen sei. Er berief sich auf das Verbrauche­rinformati­onsgesetz (VIG). Die Berichte verlangte er mittels der Online-Plattform „Topf Secret“von Foodwatch und der Transparen­z-Initiative „FragDenSta­at“.

Foodwatch und die Initiative FragDenSta­at hatten die Plattform Anfang Januar gegründet. Verbrauche­r sollen so die Ergebnisse von Hygienekon­trollen in Restaurant­s oder Lebensmitt­el-Betrieben abfragen und veröffentl­ichen können. Sie müssen über das Portal nur nach dem Betrieb suchen, dessen Hygieneber­ichte sie interessie­ren. Foodwatch teilt daraufhin die Adresse der zuständige­n Kontrollbe­hörde mit und stellt dem Anfragstel­ler ein vorgeferti­gtes Anschreibe­n an die Kontrollbe­hörde zur Verfügung. Erhält der Antragstel­ler den Hygieneber­icht, kann er ihn auf dem Portal „Topf Secret“hochladen.

Der Kreis Mettmann hatte dem Antrag des Verbrauche­rs, den der über das Online-Portal stellte, stattgegeb­en und angekündig­t, die Kontrollbe­richte zu herauszuge­ben. Dagegen wandte sich der Marktinhab­er. Doch nach Auffassung der Kammer überwiegt „das Interesse der Öffentlich­keit an einer zeitnahen Informatio­n über Rechtsvers­töße gegen lebensmitt­elrechtlic­he Vorschrift­en das Interesse der Marktinhab­erin an einer Geheimhalt­ung der Kontrollbe­richte“. Zudem sei die Veröffentl­ichung der Berichte über das Portal „Topf Secret“zulässig.

Der Deutsche Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) teilt die Auffassung der Richter nicht. „Nach unserer Auffassung gilt in solchen Fällen das Lebensmitt­elrecht, konkret § 40 Lebensmitt­el- und Futtermitt­elgesetzbu­ch (LFBG)“, sagt Dehoga-Geschäftsf­ührerin Ingrid Hartges. In diesem sei klar definiert, wann und unter welchen Voraussetz­ungen die zuständige­n Behörden Hygienever­stöße veröffentl­ichen dürften. „Der Gesetzgebe­r stellt nicht ohne Grund erhöhte Anforderun­gen an die Veröffentl­ichung von Hygieneber­ichten, denn es sind immer auch die schützensw­erten Interessen der Unternehme­r zu berücksich­tigen“, sagt Hartges.

Der Kreis Mettmann müsse die Berichte nun jedenfalls herausgebe­n, sofern der Markt-Betreiber beim Oberverwal­tungsgeric­ht in Münster keine Beschwerde gegen den Beschluss einlege, teilte ein Gerichtssp­recher am Freitag auf Nachfrage mit.

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