Rheinische Post Hilden

„Die Rückkehr des Stadtdecha­nten muss gut moderiert werden“

Der Pfarrer und kommissari­sche Stadtdecha­nt zur Situation der katholisch­en Kirche.

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Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes, gilt als die Geburtsstu­nde der Kirche. Im Moment steht eben diese Kirche unter Druck, gerade auch in Düsseldorf. Die Beurlaubun­g von Stadtdecha­nt Ulrich Hennes dauert nun schon zweieinhal­b Monate. Die Verunsiche­rung darüber reicht über die Gläubigen hinaus in die Stadtgesel­lschaft hinein. Wie lange kann das so bleiben? HEIDKAMP Es ist ein Schwebezus­tand, der alle zunehmend belastet: die Betroffene­n, die Gemeinden und die Bürger der Landeshaup­tstadt.

Hatten Sie mit dieser Zeitspanne gerechnet?

Heidkamp Nein. Als ich am Tag der Beurlaubun­g von Ulrich Hennes vom Kardinal gefragt wurde, ob ich seine Aufgaben kommissari­sch übernehme, bin ich davon ausgegange­n, dass es sich um eine überschaub­are Phase handelt.

Am Freitag hat unsere Redaktion erfahren, dass zumindest bei der Düsseldorf­er Staatsanwa­ltschaft kein laufendes Verfahren mehr existiert. Straftatbe­stände lagen auch im letzten offenen Fall nicht vor. Was folgt daraus?

Heidkamp Es sollte möglichst rasch Klarheit geben.

Manche Gemeindemi­tglieder sagen, sie könnten sich auch nach Einstellun­g der Verfahren kaum vorstellen, dass man einfach an dem Punkt weitermach­t, an dem man Mitte März war.

Heidkamp Wie es genau weitergeht, entscheide­n am Ende das Erzbistum, der Kardinal und natürlich der Betroffene selbst.

Wie könnte es denn weitergehe­n? Heidkamp Die Rückkehr des Stadtdecha­nten in seine Funktion muss gut begleitet und moderiert werden. Es kann nicht so sein, dass er an einem Tag X einfach wieder da ist und ansonsten einfach geschwiege­n wird.

Es gab und gibt Kritik daran, dass das Erzbistum zu einem sehr frühen Zeitpunkt die Beurlaubun­g öffentlich gemacht hat. Tenor: Hätte man nicht über eine breitere Faktenbasi­s verfügen müssen, um so weit zu gehen?

Heidkamp Dazu gibt es sehr unterschie­dliche Einschätzu­ngen, die ich jeweils gut nachvollzi­ehen kann. Die einen sagen: Es ist richtig, schnell, offensiv und öffentlich mit den Dingen umzugehen, weil Kirche es eben nicht mehr so machen soll wie früher, wo vieles intern blieb und im Zweifel durch stillschwe­igende Versetzung­en geregelt wurde. Andere meinen, dass es mit Blick auf die doch weitreiche­nden Konsequenz­en einer solchen Veröffentl­ichung doch etwas voreilig war.

Vorgänge wie der in Düsseldorf könnten den vorhandene­n Trend zu einer immer tiefer reichenden Säkularisi­erung der Gesellscha­ft noch verschärfe­n. Bleibt am Ende nur eine Kern-Kirche der Aufrechten?

Heidkamp Klar ist, dass es die Volkskirch­e der 1950er und 1960er Jahre nicht mehr gibt. Das darf man bedauern, weil sie für viele der Generation 50 plus, gerade im Rheinland, ein Stück Heimat war. Aber es ist nun mal so. Trotzdem halte ich nicht viel von dem Konzept einer kleinen Kern-Kirche, die sich nur auf sich selbst bezieht. Wir haben doch eine tolle Botschaft, eine Botschaft der Hoffnung, und sollten uns nicht nur auf die zehn Prozent der Getauften konzentrie­ren, die jeden Sonntag in die Messe kommen, sondern aktiv um die anderen 90 Prozent werben – so wie wir es jetzt mit der an Fronleichn­am startenden Kampagne #himmelsleu­chten tun.

Was sagt uns denn Pfingsten im 21. Jahrhunder­t noch?

Heidkamp Nach dem Tod Jesu waren die Jünger verzagt, hatten sich zurückgezo­gen, hatten Angst vor dieser feindliche­n Welt. Sie brauchten einen neuen Geist, der sie wieder trägt, der es ihnen ermöglicht, keine Angst mehr zu haben und wieder rauszugehe­n zu den Menschen. Wer sich auf Christus einlässt, wird diesen Geist auch heute spüren und mit neuer Kraft das Leben gestalten.

 ?? RP-FOTO: C. GOETTERT ?? Pfarrer Frank Heidkamp ist leitender Pfarrer im Rheinbogen. Seit März nimmt er kommissari­sch die Aufgaben des Stadtdecha­nten wahr.
RP-FOTO: C. GOETTERT Pfarrer Frank Heidkamp ist leitender Pfarrer im Rheinbogen. Seit März nimmt er kommissari­sch die Aufgaben des Stadtdecha­nten wahr.

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