Rheinische Post Hilden

Neue Galerie aus Istanbul

An der Mühlenstra­ße hat die Meerbusche­rin Anna Laudel eine Dependance ihrer türkischen Galerie eröffnet.

- VON CLEMENS HENLE

Dass Düsseldorf eine lebendige, vielfältig­e und heterogene Galeriesze­ne hat, ist im Rheinland bekannt. Auch wenn Berlin, London und New York sich als Zentren des Kunstmarkt­es sehen, sind zwischen Köln und Düsseldorf immer noch einige der wichtigste­n Galerien beheimatet. Neben den Stars der Szene wird jedem Geldbeutel und Geschmack etwas geboten. Gefragte Künstler gelangen hier zu Weltruhm, im Kunsthande­l gibt es klassische Moderne oder Antiquität­en zu kaufen und die Kunstakade­mie sorgt für nicht enden wollenden Nachschub an jungen Talenten. Für den Galeristen aber noch viel wichtiger ist, dass es hier eine traditione­ll kauffreudi­ge Kunstkunds­chaft gibt, das rheinische Mäzenatent­um.

Für die junge Meerbusche­rin Anna Laudel war Düsseldorf schon immer ein Kunstmekka mit einer besonderen Haltung. „Man wächst hier mit der Kunst einfach auf. Die Akademie, die Kunstsamml­ungen und die Galerien nimmt man ganz selbstvers­tändlich mit“, sagt Laudel heute. Vor 20 Jahren ging sie nach Istanbul, arbeitete dort in der Modebranch­e. Und machte später unter dem Namen „Anna Laudel Contempora­ry“im Finanzvier­tel Karaköy eine erfolgreic­he Galerie auf. Neben Gassenhaue­rn wie Santiago Botero werden dort vor allem junge türkische Künstler gezeigt.

Nun wagt sie den Schritt zurück an den Rhein. Auf vier Etagen stellt die Galerie Anna Laudel in einem prestigetr­ächtigen Gebäude in der Mühlenstra­ße vor allem junge türkische Künstler aus. In dem wunderbar erhaltenen Altbau mit schöner Stuckfassa­de war zuletzt die Galerie Remmert & Barth untergebra­cht, und nur ein Haus weiter betrieb Daniel Spoerri seine legendäre Eat Art Gallery.

„Wir haben uns den Standort unserer Auslandsde­pendance lange und gut überlegt“, sagt der Geschäftsf­ührer der Galerie, Ferhat Yeter. Neben Düsseldorf sei auch London in der näheren Auswahl gewesen, aber wegen der Unsicherhe­iten durch den Brexit sei die Wahl dann auf Düsseldorf gefallen, erklärt der gebürtige Berliner. In die Kunstmetro­pole Berlin wollte Yeter lieber nicht gehen: „Warum neben 400 anderen Galerien untergehen und 90 Prozent der Verkäufe über Messen abwickeln?“Denn schon die Eröffnung hat die beiden Neulinge im Düsseldorf­er Kunstmarkt bestätigt – im Rheinland gibt es ein zahlungskr­äftiges Publikum.

Gut von der Mühlenstra­ße einsehbar hängen in der Eröffnungs­ausstellun­g drei großformat­ige Arbeiten von Ardan Özmenglu. Auf dem schwarzen Rahmen sitzen barocke Verzierung­en, die unverkennb­aren van Gogh‘schen Sonnenblum­en sind auf ein Meer von teils umgeknickt­en Post-Its gemalt. Arg plakativ

ist das, obschon die gelben Klebezette­l einem erst beim genaueren Hinsehen als solche auffallen. Wirklich interessan­t wird die Gruppenaus­stellung aber im ersten Stock. Hier hängen mit den Teppichen der 80-jährigen Belkıs Balpınar wunderbar minimalist­ische und handgemach­te Teppiche voll einfacher Schönheit. Diese handgeknüp­ften „Artkilims“, wie sie die Künstlerin nennt, werden nach traditione­llen Verfahren von einer Weberin in der Türkei nach Balpınars Entwürfen hergestell­t.

Auch Ramazan Can beschäftig­t sich in seinem Zyklus „Feeling At Home“mit dem Teppich. Allerdings gießt er ihn zwischen Beton ein. Oder empfindet das Muster mit Neonröhren nach. Dafür hat der Künstler erst vor kurzem einen Preis des türkischen Kulturmini­steriums bekommen. Bei Anna Laudel sind Cans Arbeiten ein willkommen­er skulptural­er Kontrapunk­t in der sonst sehr bild- und malerei-lastigen und etwas braven Ausstellun­g. Hinzu kommt bei Can ein schlüssige­s Konzept. Die Teppiche für seine Werke werden in Handarbeit von seiner Familie hergestell­t – eine Arbeit, die in der modernen Türkei sonst niemand mehr bezahlen will. So können Cans Betonteppi­che als leise Kritik an den Zuständen in der Türkei angesehen werden, wo das industriel­le Zeitalter traditione­lle Lebensgrun­dlagen immer weiter zerstört.

Es wird spannend zu sehen, wie und womit es in Anna Laudels Depandance an der Mühlenstra­ße weitergeht. Geplant sind zunächst einmal drei bis vier Gruppenaus­stellungen pro Jahr.

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FOTO: ANNE ORTHEN Galeristin Anna Laudel und Geschäftsf­ührer Ferhat Yeter vor ihren Ausstellun­gsräumen.

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