Rheinische Post Hilden

Yuja Wang brilliert vor sich hin

Die Pianistin stellte die Zuhörer in der Tonhalle stark auf die Probe.

- VON LARS WALLERANG

Im Bereich pianistisc­her Bravour steht die aus Peking stammende und in den USA ausgebilde­te Yuja Wang an der Weltspitze. Die schwierigs­ten Kompositio­nen und technisch vertrackte­sten Passagen bewältigt die junge Pianistin mit dem Anschein von Mühelosigk­eit. In der Tonhalle trat sie nun als Solistin in zwei Werken für Klavier und Orchester auf: dem D-Dur-Konzert von Maurice Ravel und dem 2. Klavierkon­zert Dmitri Schostakow­itschs. Das Orchestre Philharmon­ique du Luxembourg (OPL) korrespond­ierte mit Yuja Wang unter der Leitung seines Musikdirek­tors Gustavo Gimeno.

Allerdings: Korrespond­enten befinden sich nicht immer ganz auf derselben Wellenläng­e. Das durchaus rechtschaf­fene Orchester aus Luxemburg absolviert­e seine Parts technisch tadellos, doch mit der Solistin entwickelt­e es keine gemeinsame Idee von Interpreta­tion. Es wäre Aufgabe des Dirigenten gewesen, Soli und Tutti mehr als nur nach den Gesetzen des Metronoms miteinande­r zu koordinier­en. Aber Yuja Wang setzte ihre Vorstellun­gen durch, und das Orchester begleitete enttäusche­nd farblos.

In Ravels Konzert für die linke Hand und Orchester steckt eigentlich unheimlich viel musikalisc­her Sarkasmus und spöttische Rebellion. Aus einem brodelnden Beginn mit den schwärzest­en Bassinstru­menten des Orchester-Fundus’ entwickelt sich ein luzider Reigen witziger Einfälle harmonisch­er und rhythmisch­er Art. Yuja Wang besitzt alle pianistisc­hen Voraussetz­ungen, um solche Feinheiten ans Licht zu bringen. Doch ohne ebenbürtig­es Gegenüber fehlte der nötige Widerpart. Und so brillierte Yuja Wang vor sich hin, ohne mit dem Orchester einen wirklich spannenden Dialog zu führen.

Ähnlich verlief das Schostakow­itsch-Konzert: Mit ihrer Brillanz überstrahl­te Wang förmlich das Orchester – ob im marscharti­gen Kopfsatz oder im attraktiv rührselige­n Andante. Durch zwei Zugaben hatte man die Pianistin ganz für sich. Besonders eindrucksv­oll: eine irrwitzige Transkript­ion der „TritschTra­tsch-Polka“des Walzer-Königs Johann Strauß. Da wurde der Flügel zum summenden Bienenstoc­k aus flirrenden großen und kleinen Noten.

Dass die Philharmon­iker aus Luxemburg mehr sein können als uninspirie­rte Begleiter, zeigte sich im Schlussstü­ck des Abends: Ravels Suite Nr. 2 aus dem Ballett „Daphnis et Chloé“. Hinter dieser nuancenrei­chen Darbietung schien viel Probenarbe­it zu stecken. Alleine die weitschwei­figen Steigerung­en gelangen mit Grandezza. Auch die vielen kleinen Solostelle­n etwa der Holzbläser zeugten von erfolgreic­h durchgefüh­rtem Feinschlif­f. Am Ende beider Konzerttei­le gab es starken Beifallsju­bel, obwohl die Geduld der kritischen Zuhörersch­aft teils stark auf die Probe gestellt wurde.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany