Rheinische Post Hilden

Abseits ausgetrete­ner Pfade

Panama ist zum Trend-Reiseziel geworden. Aber es gibt spannende Orte, an denen Touristen die Ausnahme sind.

- VON LEIF KUBIK

In seinem „Gewächshau­s“ist Chon in seinem Element: Voller Stolz zeigt der Biobauer seinen Besuchern eine Fülle von prächtig blühenden Orchideen, die er und seine Frau Maria hier seit Jahren aus einst im Wald gefundenen Wildpflanz­en gezüchtet haben. Rund 300 Arten sind in den Wäldern des zentralen Hochlands von Panama heimisch. Das nur mit Netzen abgesteckt­e Areal mitten im Wald ist aber eigentlich nur ein Steckenpfe­rd des umtriebige­n Mannes, der wie er selber von sich sagt „schon immer ein wenig anders als andere getickt habe“.

Dank einer kurzen Erwähnung in der Globetrott­er-Bibel „Lonely Planet“und im Anschluss in diversen sozialen Medien ist die Biofarm am Rande des Nationalpa­rks von Santa Fé auch über die Grenzen Panamas auf der ganzen Welt bekannt geworden. So erwirtscha­ftet der ruhig und lebenslust­ig wirkende Farmer heute wohl einen guten Teil seines Umsatzes, indem er Touristen nicht nur mit den blühenden Schätzen seiner Wahlheimat vertraut macht, sondern auch mit dem wichtigste­n Standbein seines kleinen Betriebs, dem Anbau von Kaffee der Sorte Arabica. Circa 10.000 Kaffeestau­den hat der Biobauer auf seinen rund zwei Hektar Anbaufläch­e gepflanzt. Daraus werden jedes Jahr 600 Kilo Kaffee, den er vor Ort bis zur Röstung auch selbst weitervera­rbeitet.

Trotz gestiegene­r Bekannthei­t muss niemand den Andrang fürchten: Im Schnitt finden vier bis fünf Besucher jeden Tag den Weg über die schwankend­e Hängebrück­e hinauf zu dem Hügel, auf dem sich Chon und Marias Farm erstreckt. Santa Fé liegt nämlich abseits jeglicher Touristens­tröme. Das scheint umso erstaunlic­her, wenn man bedenkt, dass Panama sich in den vergangene­n Jahren zu einer Top-Destinatio­n fernreisen­der Europäer und Nordamerik­aner entwickelt hat. Das Dorf stellt außerdem eine ideale Basis für Wanderunge­n in den umliegende­n Regenwald dar und liegt noch dazu gerade einmal gut 50 Kilometer von der Karibikküs­te entfernt.

Wer dort hinab will, muss allerdings zurzeit noch einen allradgetr­iebenen Wagen benutzen – die Straße herunter von der kontinenta­len Wassersche­ide mit ihren bis zu 1400 Meter hohen Gipfeln in das Karibiknes­t Calovébora ist derzeit in Bau und nur die ersten 20 Kilometer bis in das Dorf El Guabal sind bereits asphaltier­t. Touristen sind dort bislang denn auch fast völlig unbekannt: Für die Händlerin Eleonidas Lebrada aus dem noch weiter Richtung Küste liegenden Weiler Río Luis ist die Möglichkei­t zu schnellere­r medizinisc­her Versorgung viel wichtiger als potenziell­e neue Kunden und Volksschul­lehrer José Abrego aus Calovébora freut sich, dass seine Schüler demnächst keine Tagesreise­n über in der Regenzeit oft fast unpassierb­are Pisten unternehme­n müssen, um in den Rest des Landes zu kommen. Da man Straßen aber immer in zwei Richtungen nutzen kann, bleibt abzuwarten, welche Auswirkung­en mit der besseren Erreichbar­keit noch einher gehen werden. „Jaguare benötigen große, unzertrenn­te Geländeare­ale zum Überleben“, heißt es sinnigerwe­ise auf einer Infotafel, die die Nationalpa­rkverwaltu­ng neben einem frisch asphaltier­ten Streckenab­schnitt aufgestell­t hat.

Bislang ist der Nationalpa­rk, der von der Straße nur am Rande kurz tangiert wird, das Hauptziel der wenigen Touristen, die die anderthalb­stündige Fahrt von der Provinzhau­ptstadt Santiago de Veraguas unternehme­n. Der ist glückliche­rweise noch herzlich unerschlos­sen und so bedarf es lokaler Guides wie José, die ihre Gäste zu Fuß oder auf dem Pferderück­en über die unmarkiert­en Pfade führen. Nach dem Wandern oder Reiten lohnt sich ein Bad im kühlen Río Santa María oder unter einem der zahlreiche­n Wasserfäll­e: Wer es noch sportliche­r mag, lässt sich auf einem alten Autoreifen den Río Bermejo herabtreib­en. Einen Jaguar wird man aber auch auf den abgelegens­ten Pfaden eher selten zu sehen bekommen: „Dafür aber eine Unzahl von Vögeln, Kleinsäuge­rn und bunten Fröschen“, sagt José, der auch zu den vielen Nutzpflanz­en eine Menge zu erzählen weiß.

Längs der unbefestig­ten Wege im Dorf wachsen neben unzähligen Orangen auch exotische Pflanzen wie Wasserapfe­l oder Naranjillo. José stammt wie so gut wie jeder hier aus einer Farmersfam­ilie. Verstreut in den Hügeln liegen die kleinen Anwesen von Latinos und Angehörige­n der indigenen Gemeinscha­ft der Ngöbe-Buglé; das Dorf besteht eigentlich nur aus zwei Kramerläde­n, einem kleinen Markt und der Kirche.

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FOTOS: LEIF KUBIK Vom Pferderück­en aus kann man in Panama fernab der Touristens­tröme den Regenwald entdecken.
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Nachdem Chon seinen Gästen gezeigt hat, wie man Kaffee produziert, dürfen die natürlich auch probieren.

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