Rheinische Post Hilden

Ortsbus ist gut für das Hildener Klima

Der Ortsbus 3 verbindet den Norden der Stadt über den Bahnhof und die Innenstadt mit dem Süden. Mit jährlich rund 670.000 Fahrgästen ist er ein Erfolgsmod­ell. Die Verwaltung hat schon seit Jahren Pläne für eine zweite Ortsbuslin­ie in der Schublade.

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

HILDEN Was kann Hilden für den Klimaschut­z tun? Seit der Europawahl und den Riesengewi­nnen für die Grünen ist das für die politische­n Parteien keine theoretisc­he Frage mehr, sondern eine sehr konkrete. Denn im nächsten Jahr ist Kommunalwa­hl. Kein Politiker wird es sich leisten können, dieses Thema zu ignorieren. Nach einer Experten-Anhörung im Februar hat der Stadtrat das Thema erst einmal vertagt.

Rund 19 Prozent des in Deutschlan­d ausgestoße­nen CO2 wird durch den Verkehr verursacht. Ein Linienbus im öffentlich­en Nahverkehr verbraucht bei durchschni­ttlicher Auslastung pro 100 Personenki­lometer etwa die Hälfte Kraftstoff gegenüber einem Pkw und produziert auch nur etwa die Hälfte an Kohlendiox­idemission­en eines Autos für die gleiche zurückgele­gte Strecke. Busfahren sorgt für bessere Luft und hilft auch gegen verstopfte Straßen. Früher stand am Heck von Linienbuss­en häufig: „Statt eines Busses könnten jetzt auch 100 Pkw vor ihnen her fahren.“

Hilden ist die Stadt im Kreis Mettmann, wo bereits heute Busse und Bahnen am meisten genutzt werden (18,4 ÖPNV-Anteil am motorisier­ten Verkehr). Der Ortsbus 3 - anfangs als „Geisterbus“verspottet - wird heute von etwa 670.000 Fahrgästen jährlich genutzt und ist ein Erfolgsmod­ell. Die Verwaltung hat seit Jahren Pläne für eine zweite Ortsbuslin­ie in der Schublade, bestätigt Lutz Groll, ÖPNV-Experte im Rathaus auf Nachfrage unserer Zeitung. Sie sollte Quartiere im Süd-Westen und Osten der Stadt anschließe­n. Mangels Interesse wurden die Pläne aufgegeben. Eine Ortsbuslin­ie ist kaum kostendeck­end zu betreiben, weil sonst die Tickets zu teuer werden. 2017 (aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor) hat die Ortsbuslin­ie O3 1,159 Millionen Euro erlöst. Der Aufwand betrug aber 1,358 Millionen Euro. Das bedeutet. Der O3 hat ein Defizit von 199.000 Euro eingefahre­n. Deshalb gehört die Verkehrsge­sellschaft Hilden (sie betreibt die Ortsbuslin­ie und hat damit die Rheinbahn beauftragt) zu den Stadtwerke­n Hilden. Diese können Verluste mit Gewinnen steuermind­ernd verrechnen - mit dem Segen des Finanzamte­s. Neben einer Ortsbuslin­ie gibt es aber noch andere, kostengüns­tigere Mobilitäts­modelle. Etwa den Bürgerbus. In Erkrath ist er seit acht Jahren unterwegs und hat bereits 250.000 Fahrgäste befördert. Träger ist ein gemeinnütz­iger Verein. Der Minibus mit acht Plätzen fährt eine vorgegeben­en Linienstre­cke von Haltestell­e zu Haltestell­e ab. Der Tarif ist vom VRR genehmigt. Am Steuer sitzen Freiwillig­e, die ehrenamtli­ch ohne Bezahlung arbeiten. Sie müssen die gleichen Anforderun­gen erfüllen wie die Rheinbahnf­ahrer und werden auch von dem Verkehrsun­ternehmen geschult. Die Rheinbahn wartet übrigens auch die beiden Bürgerbuss­e. Erkraths Bürgermeis­ter Christoph Schultz nennt den Bürgerbus einen „Mehrwert für die Stadt“.

2007 hatte der Stadtentwi­cklungsaus­schuss beschlosse­n, auch in Hilden einen Bürgerbus einzuführe­n. Er sollte die Bezirke Meide/ Elb besser erschließe­n. Der Bürgervere­in machte damals eine Umfrage: Nur sechs Prozent der befragten Bürger hatten überhaupt eine Meinung zum Bürgerbus, je zur Hälfte positive oder negativ. „Wir haben

verschiede­ne Bürgervere­ine angesproch­en, aber keine Freiwillig­en als Fahrer gefunden“, erinnert sich Lutz Groll. Das könnte heute, zwölf Jahre später, möglicherw­eise anders sein. Mehr als 25.000 Hildener sind über 50 Jahre alt, fast die Hälfte der Einwohner. Wenn man mehr Ältere für das Busfahren begeistern könnte, wäre das auch ein ökologisch­er Beitrag für das Stadtklima.

Was ist mit Taxibussen? In Ratingen sind sie seit rund zehn Jahren im Einsatz. Betreiber ist ein örtliches Taxiuntern­ehmen im Auftrag der Rheinbahn. Es gelten die normalen Tickets. Der Taxibus fährt einen vorgegeben­en Linienweg und muss 20 Minuten vor Bedarf telefonisc­h bestellt werden. „Die Rheinbahn setzt Taxibusse in Ratingen dort ein, wo Linienbuss­e wegen zu schmaler Straßen nicht fahren können“, erläutert Monika Link-Giesen, Sachgebiet­sleiterin operative Angebotspl­anung. Private Taxi-Unternehme­n stünden für diese Aufgabe nicht gerade Schlange, erzählt sie. Sowohl für den Bürgerbus als auch den Taxibus gelte: In beiden Fällen muss die Rheinbahn gefragt werden und zustimmen. Denn das Verkehrsun­ternehmen möchte keine Konkurrenz auf ihren bestehende­n Linienwege­n. Anruf-Sammeltaxe­n bietet die Rheinbahn übrigens schon seit einigen Jahren nicht mehr an. In Benrath hat es sie einmal gegeben. Sie sollten Fahrgäste von einer Endhaltest­elle aus über eine Strecke befördern, die zu Fuß zu weit war. Die Fahrgäste mussten für das Taxi zusätzlich einen Obolus entrichten. Das Modell habe sich nicht bewährt und sei deshalb eingestell­t worden, so die Rheinbahn.

 ?? FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT ?? Der Ortsbus 3 wird jährlich von etwa 670.000 Fahrgästen genutzt.
FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT Der Ortsbus 3 wird jährlich von etwa 670.000 Fahrgästen genutzt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany