Rheinische Post Hilden

Eine späte Chance zum Neuanfang

Mit 57 Jahren startete Constantin Schuster eine Ausbildung zum examiniert­en Altenpfleg­er.

- VON STEFAN MÜLDERS

KREIS METTMANN Auf den ersten Blick könnte Constantin Schuster auch einer der Bewohner hier sein. Doch der 58-Jährige steht im Seniorenpa­rk Carpe Diem in Mettmann „auf der anderen Seite“. 2018 hat er noch seine Ausbildung zum examiniert­en Altenpfleg­er begonnen, mit 60 Jahren – also kurz vor der Rente – wird er sie abgeschlos­sen haben.

„Ich liebe diesen Beruf“, sagt der gebürtige Rumäne, der aber seit 26 Jahren in Deutschlan­d lebt. „Ich kann hier Menschen zum Lachen bringen, ihnen helfen, für sie da sein – wenn auch nur kurz. Und ich bekomme so viel in Form von Dankbarkei­t von ihnen zurück.“

Dabei wollte Schuster in seiner Heimat ganz was anderes machen:

„Man bekommt auf jeden Fall sehr viel von den Menschen zurück, mit denen man zu tun hat“

Constantin Schuster Auszubilde­nder

Statt Menschen zu pflegen, hatte er es auf die Pflege großer Maschinen abgesehen. Nach seinem Abitur begann er ein Studium zum Flugzeugin­genieur, musste das aber wegen unvorherse­hbaren Ereignisse­n in der Familie abbrechen. „Meine Eltern verstarben kurz hintereina­nder und dann konnte ich mir das Studium nicht mehr leisten.“

Als Bergmann wollte er die nötigen finanziell­en Mittel zum Weiterstud­ieren verdienen, aber trotz guter Bezahlung reichte auch das nicht. Letztendli­ch kam er 1992 im Spätaussie­dler-Programm nach Deutschlan­d. In Mettmann arbeitete er zwölf Jahre lang als Feuerverzi­nker in der Metallindu­strie, ehe sein Arbeitgebe­r im Zuge der Wirtschaft­sund Finanzkris­e viele Mitarbeite­r entlassen musste.

„Ich war damals gerade 49 Jahre alt und kurzzeitig am Boden zerstört. Im Nachhinein betrachtet bin ich aber heute dankbar für diese unschöne Entwicklun­g.“Denn auf diesem Wege fand Constantin seine eigentlich­e Berufung. Die Unterstütz­ung durch die Behörden hielt sich in Grenzen, aber in den Stellenanz­eigen der Zeitungen fand er die Anzeige für die Ausbildung zum Altenpfleg­ehelfer beim Roten Kreuz. Im Rahmen dieser einjährige­n Ausbildung absolviert­e Schuster auch ein zweiwöchig­es Praktikum im Seniorenpa­rk Carpe Diem. „Hier wurde ich gebraucht, fühlte mich nützlich und letztendli­ch hat meine Wohnbereic­hsleitung mir noch im Praktikum geraten, mich hier zu bewerben, wenn die Ausbildung fertig ist.“

Acht Jahre arbeitete er anschließe­nd als Pflegeassi­stent im Mettmanner Haus, absolviert­e mehrere Fortbildun­gen wie zum Beispiel in der Behandlung­spflege. „Dadurch war ich qualifizie­rter Helfer und konnte auch mehr pflegerisc­he Aufgaben übernehmen.“Er wurde Inkontinen­z-Beauftragt­er und Sicherheit­sbeauftrag­ter in der Pflege.

Während dieser Zeit hatte Constantin Schuster schon zweimal die Gelegenhei­t, die Examiniert­en-Ausbildung zu beginnen. „Aber ich habe den Platz beide Male an junge, engagierte Menschen weiter gegeben. Ich war zufrieden hier und mit der Art meiner Arbeit.“Bis er als Krankheits­vertretung mal für einige Zeit in der Haustechni­k aushelfen musste. „Auch die Arbeit hat mir Spaß gemacht, aber die Bewohner haben mich vermisst, immer wieder nach mir gefragt und sich sogar schriftlic­h an die Geschäftsf­ührung gewandt. Da merkte ich, dass ich hier wirklich gebraucht werde.“Im dritten Anlauf startete der inzwischen nicht mehr ganz so junge dann doch noch durch und ging beherzt die Ausbildung an.

„In der Pflege gibt es immer eine Chance auf einen Neuanfang“, sagt Schuster. „Die Branche bietet so viele Facetten und Weiterbild­ungsoption­en, da kann fast jeder seine persönlich­e Aufgabe finden. Und es ist nicht so monoton wie am Fließband oder einer Maschine.“Interessie­rten empfiehlt der erfahrene Altenpfleg­ehelfer, in den Beruf hinein zu schnuppern, dann stelle man schnell fest, ob die Arbeit wirklich zu einem passt. „Man bekommt auf jeden Fall sehr viel von den Menschen zurück, mit denen man zu tun hat. Es ist das Tollste, was ich in meinem Leben gemacht habe.“

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RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Constantin Schuster arbeitet als Azubi im Seniorenze­ntrum Carpe Diem in Mettmann.

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