Rheinische Post Hilden

Ein Kampftag der Frauen

- VON JAN DIRK HERBERMANN

Die Schweizeri­nnen demonstrie­ren am Freitag gegen ihre wirtschaft­liche Diskrimini­erung.

GENF Gunilla von Hall, zweifache Mutter und Journalist­in, macht mit. „Wir Frauen müssen zeigen, wie stark wir sind. Die wirtschaft­liche Benachteil­igung einer Hälfte der Bevölkerun­g muss aufhören.“Am Freitag soll es so weit sein. Von Hall aus dem Kanton Waadt reiht sich in den „Frauen*streik“ein, mit dem die Diskrimini­erung in der Berufswelt angeprange­rt werden soll. In allen Teilen der Schweiz wollen Frauen, und auch Männer, dem Arbeitspla­tz fernbleibe­n. Die Kernforder­ung: „Gleichbere­chtigung. Punkt. Schluss!“

Die Demonstran­ten verlangen gleichen Lohn für gleichwert­ige Arbeit, die Einführung von Lohnkontro­llen, familienve­rträgliche Jobs, bessere Sozialleis­tungen und auch eine härtere Vorgehensw­eise gegen sexuelle Übergriffe in Betrieben. Aus nahezu jeder Branche werden Teilnehmer­innen erwartet. Wenn die Mobilisier­ung gelingt, könnten mehrere Hunderttau­send Menschen demonstrie­ren, an Frauenparl­amenten teilnehmen und Sitzblocka­den errichten. Für ein Land mit 8,5 Millionen Einwohnern ein großer Erfolg. „In der Schweiz stoßen die Frauen im Beruf auf viele Barrieren“, erläutert Regula Bühlmann, Zentralsek­retärin für Gleichstel­lung beim Schweizeri­schen Gewerkscha­ftsbund.

Nach Angaben der Streik-Organisato­rinnen verdienen Frauen zwischen Bodensee und Tessin in jeder Bildungssc­hicht weniger Geld als Männer. Je höher der Abschluss, desto größer das Lohngefäll­e. Das Bundesamt für Statistik belegt dies: Frauen in der Schweiz verdienen im Schnitt pro Monat 18,3 Prozent weniger als männliche Kollegen. In der kleinen Kammer des nationalen Parlaments liegt der Frauenante­il bei 15 Prozent, in der großen Kammer bei einem Drittel. Immerhin bestimmen in der siebenköpf­igen Regierung drei Frauen den Kurs des Landes mit.

Dass die Männer die Frauen in der Schweiz systematis­ch von der Macht fernhielte­n, belegt ein Blick in die Geschichte. Die Schweizeri­nnen erhielten erst 1971 auf nationaler Ebene das Stimmrecht. Auf kantonaler Ebene war es noch schlimmer: Als letzter Kanton musste Appenzell-Innerrhode­n das Wahlrecht für Frauen einführen – nach einem Beschluss des Bundesgeri­chts von 1990.

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