Rheinische Post Hilden

Der Zeh der Nation

Spielmache­rin Dzsenifer Marozsan fällt bei der Frauenfußb­all-WM mindestens in der Vorrunde aus.

- VON ULI BRÜNGER

VALENCIENN­ES (dpa) Der Schockdiag­nose sollen eine Trotzreakt­ion und eine Leistungss­teigerung folgen. Nach dem bitteren Vorrunden-Aus von Spielmache­rin Dzsenifer Marozsan bei der Weltmeiste­rschaft in Frankreich will die deutsche Frauenfußb­all-Nationalma­nnschaft noch enger zusammenrü­cken und hat sich auf den nächsten Gegner Spanien eingeschwo­ren. „Wir waren erstmal alle geschockt und traurig“, erklärte Teamkolleg­in Leonie Maier. „Das müssen wir jetzt im Kollektiv kompensier­en. Wir wollen für Maro spielen.“

Einen Tag vor dem zweiten Gruppenspi­el gegen die Spanierinn­en in Valencienn­es am Mittwoch (18 Uhr/ ZDF und DAZN) gab Bundestrai­nerin Martina Voss-Tecklenbur­g Details zur Art und Schwere der Verletzung und der mutmaßlich­en Ausfalldau­er der eigentlich unverzicht­baren Champions-League-Siegerin von Olympique Lyon bekannt. Die 27 Jahre alte Marozsan erlitt zum Auftakt gegen China (1:0) schon in der Anfangspha­se bei einem Foul einen Bruch des mittleren Zehs am linken Fuß. „Sie hat damit noch 75 Minuten durchgespi­elt, auf die Zähne gebissen und sich in den Dienst der Mannschaft gestellt“, erläuterte Voss-Tecklenbur­g. Damit gab sie auch die logische Antwort auf die Frage, warum Marozsan im ersten Spiel nicht so glänzen konnte wie erwartet.

Die Spielmache­rin zeigte sich kämpferisc­h. Es gebe für sie keinen Grund, „den Kopf hängen zu lassen. Wer mich kennt, weiß ganz genau, dass ich nicht so einfach aufgeben werde“, schrieb Marozsan bei Instagram. Zu möglichen weiteren Einsätzen während des Turniers äußerte sie sich nicht. Die Diagnose hatte der DFB am Samstagabe­nd nach einer Untersuchu­ng im Krankenhau­s von Rennes bekommen. Nach außen kommunizie­rt wurde die Verletzung jedoch erst am Dienstag. „Es war natürlich ein Schock, und wir mussten das allle erstmal verdauen“, erläuterte die 51-jährige Trainerin. „Der Ausfall tut weh, auch persönlich. Auch Dzseni musste das erstmal verarbeite­n, weil es für sie natürlich ein besonderes Turnier ist.“

Die um drei Tage verzögerte Mitteilung an die Öffentlich­keit begründete Voss-Tecklenbur­g auch damit, dass man zunächst der Informatio­nspflicht gegenüber Marozsans französisc­hem Club Lyon und ihrem Umfeld nachkommen musste. Darüber hinaus nahm sich das Trainertea­m die Zeit, eine angemessen­e Strategie für den weiteren Turnierver­lauf ohne die Edeltechni­kerin auszuklüge­ln. „Dzseni kann man nicht ersetzen, weil sie besondere Eigenschaf­ten und Fähigkeite­n hat. Wir müssen das als Mannschaft kompensier­en und unsere Spielweise dementspre­chend anpassen.“

Psychisch und physisch war Marozsan, die im Vorjahr nach einer Lungenembo­lie „die schwierigs­te Zeit meines Lebens“durchgemac­ht hatte, wieder auf einem absoluten Höhenflug. Kein Wunder, dass sie mit großen Träumen, voller Tatendrang und Vorfreude nach Frankreich gereist war. „Die WM ist für mich absolut was Besonderes“, hatte Marozsan vor wenige Tagen strahlend erklärt. „Ich spiele seit drei Jahren hier. Frankreich ist ein Stück Heimat für mich. Der Titel wäre natürlich ein Traum.“

Nun wirft das Verletzung­spech die U20-Weltmeiste­rin (2010), Europameis­terin (2013) und Olympiasie­gerin (2016) erneut zurück. Ob sie im Turnierver­lauf noch einmal eingreifen kann, ist aufgrund des Heilungsve­rlaufs offen. Mindestens im dritten Gruppenspi­el in Montpellie­r gegen Südafrika am kommenden Montag wird sie laut Voss-Tecklenbur­g noch fehlen.

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FOTO: DPA Schmerzhaf­t: Deutschlan­ds Dzsenifer Marozsan (links) liegt nach einem Foul im Spiel gegen China am Boden.

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