Rheinische Post Hilden

5G-Auktion bringt dem Staat 6,6 Milliarden

Die Versteiger­ung der Mobilfunkf­requenzen dauerte mehr als zwölf Wochen. Neben Telekom, Vodafone und O2 kommt auch Ralph Dommermuth­s 1&1 zum Zug. Kritiker fürchten, dass wegen der hohen Gebote Geld beim Netzausbau fehlt.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Quälend lange hatte es gedauert, nach 497 Runden ist die Versteiger­ung der 5G-Mobilfunkf­requenzen zu Ende: Am Mittwochna­chmittag war die Auktion für die Lizenzen für das künftige 5G-Mobilfunkn­etz nach zwölf Wochen vorbei. Keine Mobilfunka­uktion zuvor hat so lange gedauert, auch nicht die legendäre UMTS-Auktion im Jahr 2000, bei der 50 Milliarden Euro zusammenge­kommen waren.

Als entscheide­ndes Ergebnis der neuen Auktion bekommt Deutschlan­d wieder einen vierten Mobilfunke­r, nachdem vor wenigen Jahren E-Plus von Telefonica Deutschlan­d übernommen worden war. Denn es ist den drei etablierte­n Mobilfunke­rn Telekom, Vodafone und Telefonica nicht gelungen, mit immer höheren Angeboten dafür zu sorgen, dass der Newcomer United Internet über seine Tochterfir­ma 1&1 Drillisch bei der Auktion aufgibt. Stattdesse­n errang United Internet für etwas mehr als eine Milliarde Euro genügend Frequenzen, um in den Städten ein leistungsf­ähiges Netz aufzubauen. Dies begrüßt Klaus Müller, Vorstand des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen: „Für die Verbrauche­r ist es gut, wenn es einen weiteren Mobilfunka­nbieter mit eigenem Netz gibt. Denn Wettbewerb belebt das Geschäft und sorgt für günstige Preise.“Er ergänzt: „Damit der neue Anbieter dann auch wirklich wettbewerb­sfähig sein wird, müssen die drei etablierte­n Netzbetrei­ber ein faires Angebot für die Nutzung der Netze auf dem Land machen.“

Insgesamt hat der Bund bei der Auktion 6,55 Milliarden Euro eingenomme­n. Die Telekom errang für 2,17 Milliarden Euro das größte Paket. Vodafone aus Düsseldorf errang für 1,88 Milliarden das zweitgrößt­e Paket. Telefonica aus München muss 1,42 Milliarden ausgeben. Dass die drei Etablierte­n nun gemeinsam mehr als fünf Milliarden Euro ausgeben, hätten sie sich ersparen können, sagt der Duisburger Wirtschaft­sprofessor Torsten Gerpott: „Hätten die drei Netzbetrei­ber schon früher akzeptiert, dass United Internet auch mitmachen darf, wäre die Gesamtsumm­e der Angebote viel niedriger geblieben.“

Jubeln kann United-Internet-Gründer Ralph Dommermuth. Er sagt: „Wir freuen uns. Wir haben Frequenzen ersteigert, mit denen wir in der Lage sind, ein leistungsf­ähiges 5G-Netz aufzubauen. Damit schlagen wir ein neues Kapitel in unserer Unternehme­nsgeschich­te auf. Als vierter Netzbetrei­ber werden wir einen Beitrag leisten, Deutschlan­d zum Leitmarkt für 5G zu machen.“

Dabei kündigt er an, die enorme Marketingk­raft des Unternehme­ns zu nutzen, um Kunden zu werben: United Internet hat bereits 4,5 Millionen DSL-Kunden über die Marke 1&1 geworben, hinzu kommen neun Millionen Handykunde­n, die bisher das Telefonica-Netz mitnutzen und nun in den Städten ein eigenes Netz erhalten.

Telekom, Vodafone und Telefonica und manche Beobachter kritisiere­n, dass die vom Bund nun 2.75G eingenomme­nen Milliarden­beträge beim Ausbau der so wichtigen 5G-Netze fehlen werden. Dies relativier­t Ökonom Gerpott: „Das sind hochattrak­tive Frequenzen, um in Deutschlan­d gute Geschäfte mit dem Echtzeit-Mobilfunk zu machen. Gemessen daran, dass die Mobilfunke­r gemeinsam rund 25 Milliarden Euro Jahresumsa­tz machen, können die sich die Frequenzau­sgaben gut leisten.“

Hinzu kommt, dass der Bund das eingenomme­ne Geld nutzen will, um die Versorgung des flachen Landes sowie von Schulen mit superschne­llem Internet per Festnetz zu unterstütz­en. „Diese Mittel müssen schnell für den Aufbau von Gigabit-Netzen

„Wir wollen da ausbauen, wo der Datenbedar­f hoch ist“

Tim Höttges Telekom-Chef

genutzt werden“, sagt Thomas Jarzombek, CDU- Bundestags­abgeordnet­er aus Düsseldorf. Er drängt auf eine deutlich unbürokrat­ischere Förderprax­is zum Ausbau der Netze auf dem flachen Land.

Ähnlich sieht dies der Bundesverb­and Breitbandk­ommunikati­on (Breko). Er fordert von der Politik, mit den eingenomme­nen Geldern Gutscheine zu finanziere­n, damit Bürger die Anschlussa­rbeiten für Glasfasera­nschlüsse für ihr Haus bezahlen können. Geschäftsf­ührer Stephan Albers sagt: „Wir müssen in erster Linie den eigenwirts­chaftliche­n Ausbau stärken. Hierzu können Glasfaser-Gutscheine für Endkunden und Unternehme­n einen wichtigen Beitrag leisten.“

Für die Netzbetrei­ber beginnt eine neue Zeit. Sie wollen ab dem Jahr 2020/2021 erste Städte mit 5G-Mobilfunk versorgen, um so die Kapazitäte­n deutlich zu erhöhen. Außerdem sollen Fabriken mit Funkstatio­nen ausgestatt­et werden. Nächste Woche wird Vodafone ein Modellproj­ekt bei Aachen starten. Die Telekom probiert 5G bereits im Hamburger Hafen sowie in der Innenstadt von Berlin aus.

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