Rheinische Post Hilden

Sandra Da Vina dreht und wendet die Wirklichke­it

- VON SEMA KOUSCHKERI­AN

Sandra Da Vina hat kein Lieblingst­hema. Sie gerät unversehen­s hinein in den Lauf der Dinge, wo sie kräftig zulangt, wenn sie die Bühnenshow für ihr Publikum vorbereite­t, das genauso tief drinsteckt im Leben wie sie. Künstlerin und Zuschauer sind also Verbündete, was eine wichtige Voraussetz­ung ist für einen Auftritt, der den Banalitäte­n des Alltags ihren Funken Wahrheit ablauscht. Weil sie diese Kunst besonders gut beherrscht, hat Sandra Da Vina Poetryslam-Wettbewerb­e gewonnen, traut sich, Bücher zu schreiben, und moderiert künftig die großen Poesieschl­achten des Zakk.

Dort bestritt sie jetzt einen Soloabend und hat zwei Stunden lang gesagt, was es zu sagen gibt, zu Themen wie Liebe, Freundscha­ft, Verantwort­ung, Flohmarkt und Internet. „Da Vina takes it all“lautet der Titel des Programms und ist buchstäbli­ch zu verstehen. Der Rundumschl­ag der 30-Jährigen will nicht nur inhaltlich­e Vielfalt, sondern hebt sich vor allem formal von den üblichen Slam-Vorstellun­gen ab. Da Vina wechselt die Perspektiv­e wie ein ausgekocht­er Hütchenspi­eler, überspitzt, rauscht durch aberwitzig­e Episoden und dreht und wendet die Wirklichke­it, bis daraus eine Da Vin’sche Philosophi­e mit lustigen Weisheiten erwächst. „Wenn Freunde meine Familie wären, wäre ich der Opa, mit 24 Stunden am Tag Bock auf Schnaps und Kuchen.“

Überhaupt Gemeinscha­ft, miteinande­r reden – kommt alles viel zu kurz. Nein, damit ist nicht die 17-Minuten-Sprachnach­richt von Verena gemeint, die langatmig davon erzählt, dass sie mit beiden Armen in den Drucker geraten ist. Klar, das Internet, „die dreckige Eckkneipe“, ist ein echter Störfaktor. „Aber ich bin die Generation ,Aufladekab­el‘, ich kann eigentlich nicht ohne.“Dann fährt sie mit dem Zug durch Niedersach­sen, wo das Internet nicht funktionie­rt und sie sich eigene, private Gedanken machen muss. „Ich glaub‘, ich fahre die Strecke jetzt öfter.“Da Vina mag Alpakas, aber keine Meerschwei­nchen mit „Angeber-Föhnwelle“. Sie überlegt, Pyjama-Designerin zu werden und wünscht sich mehr Nusskuchen von ihrem Vater, weil der nach Umarmung schmeckt. Sie fragt sich, warum man beim Nachbarn eigentlich nie Fertigprod­ukte, also einen Keks, erbittet, sondern immer nur irgendwelc­he Zutaten wie Eier, Sahne oder so. Bei all ihren Erkundunge­n häuft Sandra Da Vina Missgeschi­cke in Folge an, weil sie es so möchte. Darin erinnert sie an die Romanund Filmheldin Bridget Jones, deren wohlkalkul­ierte Tolpatschi­gkeit sie fürs Leben stählte.

Info Am 16. Juni, 20 Uhr, moderiert Da Vina die Poesieschl­acht im Zakk.

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