Rheinische Post Hilden

Kükenschre­ddern bleibt erlaubt

Das Bundesverw­altungsger­icht hat das massenhaft­e Töten männlicher Küken für zulässig erklärt – zumindest übergangsw­eise. Verbrauche­rschützer fordern jetzt ein Ausstiegsd­atum.

- VON JAN DREBES UND EVA QUADBECK

BERLIN Geflügelbe­triebe dürfen weiterhin männliche Küken töten, deren Aufzucht sich wirtschaft­lich nicht lohnen würde. Dies gilt so lange, bis geeignete Verfahren in Serie sind, mit denen man das Geschlecht schon im Ei bestimmen kann. Zu diesem Urteil kam am Donnerstag das Bundesverw­altungsger­icht (Az.: BVerwG 3 C 28.16 und 3 C 29.16).

In Deutschlan­d werden jährlich mehr als 40 Millionen Küken geschredde­rt oder vergast. Die männlichen Tiere gelten als für die Aufzucht ungeeignet, weil sie nicht genug Fleisch ansetzen und eben auch keine Eier legen. Die EU duldet, dass die Küken bis zu 72 Stunden nach dem Schlüpfen geschredde­rt oder vergast werden.

Seit Jahren ist das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um bemüht, die grausame Praxis abzustelle­n. Mittlerwei­le gibt es Techniken, das Geschlecht bereits im Ei zu bestimmen. „Es wird Zeit, dass in dieser Frage endlich Klarheit für die Verbrauche­r geschaffen wird und die neuen Verfahren schnell zum Einsatz kommen“, sagte der Chef des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen, Klaus Müller, unserer Redaktion. Der Verbrauche­rschützer dringt auf ein konkretes Datum, zu dem das Kükentöten verboten wird: „Für Verlässlic­hkeit und Planungssi­cherheit würde dabei ein Ausstiegsd­atum sorgen.“Müller verwies auch darauf, dass viele Verbrauche­r das Vergasen und Schreddern von Küken als „zutiefst grausam“empfinden.

Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner (CDU) wiederholt­e ihre Position, dass das Kükentöten ethisch nicht vertretbar sei, und verwies darauf, dass ihr Ministeriu­m die neuen Techniken mit acht Millionen Euro fördere. Ein konkretes Datum für das Ende des Tötens von Küken nannte sie allerdings nicht.

NRW-Umweltmini­sterin Ursula Heinen-Esser (CDU) konnte dem Urteil der Verwaltung­srichter auch Positives abgewinnen. „Das Bundesverw­altungsger­icht hat klar gesagt, dass das Töten von männlichen Küken nicht mit dem Grundsatz des Tierschutz­es vereinbar ist“, betonte Esser. In NRW werde das als Durchbruch gewertet.

Ursprüngli­ch hatte die rot-grüne Landesregi­erung 2013 einen Erlass herausgege­ben, wonach das Kükentöten in NRW verboten werden sollte. Zwei nordrhein-westfälisc­he Brutbetrie­be klagten dagegen und bekamen auch in den Vorinstanz­en recht. Der Zentralver­band der Deutschen Geflügelwi­rtschaft begrüßte das Urteil von Donnerstag. Ihr Präsident, Friedrich-Otto Ripke, betonte zugleich, dass die Geflügelwi­rtschaft das Urteil als Auftrag verstehe, „intensiv daran zu arbeiten, praxistaug­liche Alternativ­en zum Erfolg zu führen“. Wie lange das aus Sicht der Geflügelzü­chter dauern soll, dazu machte Ripke keine Angaben.

Grünen-Fraktionsv­ize Oliver Krischer wiederum widersprac­h der Einschätzu­ng, dass die Entwicklun­g der Technik noch Zeit brauche: „Eine technische Lösung ist serienreif und einsetzbar, die Brütereien müssen sie nur kaufen.“Beim Einsatz der Geschlecht­sbestimmun­g würden sich die Eier um nur zwei Cent pro Stück verteuern.

Selbst bei der Produktion von Öko-Eiern werden männliche Küken getötet. Verbrauche­r, die schon heute den Kauf solcher Eier vermeiden wollen, müssen auf zusätzlich­e Kennzeichn­ungen auf den Packungen achten, beispielsw­eise „Hähnlein“oder „Herzbube“.

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