Tausche Blut gegen Kinokarten
Wegen des demografischen Wandels brechen die Blutspender weg. Die CDU in NRW könnte sich gut vorstellen, den Spendern Gutscheine fürs Kino oder Schwimmbad zu geben. Auch Grüne und SPD sind offen für neue Anreize.
RATINGEN Für Jürgen Hartrampf hat sich die Frage nie gestellt, ob er Blut spenden soll oder nicht. Für ihn ist das selbstverständlich. Seit vielen Jahren spendet er regelmäßig. „Damit kann ich anderen Menschen helfen“, sagt der Busfahrer, dessen Mutter selbst auf Blutkonserven angewiesen ist.
Mit seinen 54 Jahren liegt Hartrampf etwas über dem Durchschnittsalter des typischen Blutspenders. Dieses liegt nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Nordrhein aktuell zwischen 46 und 50 Jahren. Für das DRK wird es zunehmend schwer, Spender zu finden. Seit Jahren ist bekannt, dass insbesondere vor den Feiertagen und den Sommerferien regelmäßig Blutspenden fehlen. Hinzu kommt der demografische Wandel in der Bevölkerung, der sich negativ auf die Spenderbereitschaft auswirkt.
„Die Baby-Boomer-Generation fällt langsam als Spender aus. Gleichzeitig kommt aber von unten kaum was nach“, sagt Stephan Küpper, Sprecher des DRK Nordrhein. Ändert sich daran nichts, könnte eine alternde Gesellschaft langfristig nicht mit Blut in Therapie und Notfallversorgung behandelt werden: „Unsere Gemeinschaft steht vor der großen Herausforderung, den langfristigen Blutspender-Rückgang aufzuhalten.“
Derzeit stehen laut DRK in Nordrhein-Westfalen lediglich 290.000 Menschen für rund 75 Prozent des Aufkommens an Blut zur medizinischen Versorgung von knapp 18 Millionen Einwohnern zur Verfügung. Bis zum 76. Geburtstag darf man Blut spenden, das Einstiegsalter liegt bei 18 Jahren.
Wie wichtig es sei, dass Krankenhäuser ausreichend Blutkonserven vorhalten oder im Notfall schnell welche bestellen können, zeige die Amokfahrt in Münster im vergangenen Jahr mit vier Todesopfern und zahlreichen Schwerverletzten. In solchen Fällen würden dringend viele Blutkonserven benötigt. Die örtliche Klinik habe blitzschnell reagiert und frische Konserven geliefert bekommen, sagt Küpper. „Das Blut der vielen Freiwilligen, die spontan spendeten, hätte den Opfern nämlich nichts genutzt. Das muss erst aufbereitet werden, und das dauert einen Tag.“Für die Schwerverletzten wäre das zu lang gewesen. „Daran sieht man, wie wichtig es ist, einen Vorrat zu haben“, erklärt der DRK-Sprecher.
Wer beim DRK Blut spendet, bekommt dafür kein Geld. Das würde gegen die Grundsätze des DRK verstoßen und laut Küpper auch nicht zu mehr Spendern führen. „Das wissen wir von Institutionen, die das machen“, sagt er. In Tschechien bieten Krankenversicherungen den Spendern als Gegenleistung Gutscheine für Erholungsaktivitäten an – etwa für Schwimmbäder, Massagen oder Saunabesuche.
Die CDU in NRW findet die Maßnahme in Tschechien gut. „Eine Aufwandsentschädigung oder auch Anreize in Form von Schwimmbadoder Kinogutscheinen sind für uns durchaus vorstellbar“, sagt Peter Preuß, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Ähnlich sieht das der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Josef Neumann. „Das System in Tschechien ist ein gutes Modell“, sagt Neumann. Auch die Grünen können dem nur Positives abgewinnen. Kleine Geschenke als Dankeschön für die gute Tat könnten helfen, die Blutspende attraktiver zu machen, so Grünen-Gesundheitsexperte Mehrdad Mostofizadeh. „Ob es sich dabei um ein besonders leckeres Stück Kuchen oder einen Gutschein für den Schwimmbadbesuch handelt, ist
zweitrangig“, sagt er.
Anderer Meinung ist man hingegen bei der FDP: Man sollte es den Trägern der Blutspende überlassen, kreative Vorschläge zur Anerkennung der Spendenbereitschaft zu entwickeln, sagt die gesundheitspolitische Sprecherin Susanne Schneider: „Die Ausgestaltung der Anerkennung sollte nicht von der Politik vorgegeben werden.“Einig sind sich die Fraktionen darin, dass immer der Gedanke im Mittelpunkt stehen müsste, anderen Menschen zu helfen.
Wer Blut spenden möchte, sollte sich etwa eine bis anderthalb Stunden Zeit nehmen. Zwar dauert die reine Entnahme des Blutes höchstens 15 Minuten (im Durchschnitt sogar nur acht bis zehn Minuten). Aber es gibt eine kleine Voruntersuchung, bei der unter anderem die Körpertemperatur gemessen wird. Und nach der Entnahme sollte man sich eine halbe Stunde ausruhen, um wieder vollständig zu Kräften zu kommen. „Schließlich wird ein halber Liter Blut entnommen“, erklärt Jürgen Hartrampf. Angst müsse niemand haben, auch nicht vor der Nadel. „Das tut nicht weh“, sagt Hartrampf.