Ministerin verteidigt Förderschulen
Für manche Schüler seien sie alternativlos, sagte Gebauer bei einem Schulbesuch.
DÜSSELDORF Ein schmaler blonder Junge schneidet an einem Tisch Nektarinen für einen Obstsalat. Neben ihm steht eine Lehrerin, sie ist gerade nur für ihn da. Es ist später Vormittag, seine Klassenkameraden haben Unterricht. Doch für den Elfjährigen ist es im Moment besser, nicht in der Gruppe zu sein. Sondern in einem Bereich der Schule, den Pädagogen „Time-Intensive-Raum“nennen. Hierher dürfen Kinder kommen, wenn ihnen die Klassensituation zu stressig ist, wenn sie zur Ruhe kommen müssen. Oder zur Belohnung, etwa wenn sie etwas besonders gut gemacht haben.
Der Elfjährige besucht keine gewöhnliche Schule, sondern die Städtische Förderschule Lindweiler Hof in Köln. Sie nimmt Kinder auf, die in ihrer emotionalen und sozialen Entwicklung Auffälligkeiten zeigen. Schüler, die hierher kommen, haben meist einiges hinter sich: Gewalt oder sexuellen Missbrauch in der Familie, Vernachlässigung oder andere Traumatisierungen.
Lindweiler Hof ist eine von zurzeit 442 Förderschulen in NRW. Yvonne Gebauer NRW-Schulministerin
2013/14 waren es noch 636, bevor die rot-grüne Vorgängerregierung eine nach der anderen schließen ließ, um den gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht-behinderter Kinder an Regelschulen (Inklusion) zu ermöglichen. Nach dem Regierungswechsel verlangsamte die neue Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) den Prozess. Zu groß war die Unzufriedenheit von Eltern und Lehrern mit dem Tempo der Inklusion. Bis 2023/24 haben die Förderschulen nun Zeit, die von der NRW-Regierung festgelegte Mindestschülerzahl zu erreichen. Bleiben sie darunter, werden sie geschlossen. Doch der grundlegende Konflikt bleibt: Laut UN-Konvention handelt es sich bei inklusivem Unterricht um ein Menschenrecht. Dazu Gebauer: „Die Inklusion mit der Brechstange zu gestalten, entspricht auch nicht der Intention der UN.“Entscheidend sei, was das betroffene Kind brauche. Mal sei eine Förderschule besser, mal die inklusive Regelschule.
Schulleiter Ingo Beemelmanns sieht für viele seiner Schützlinge nur geringe Chancen, in einer Regelschule zurechtzukommen. Kinder mit emotionalen und sozialen Defiziten hätten es da noch schwerer als solche mit Lernschwächen.
„Die Inklusion mit der Brechstange zu gestalten, entspricht auch nicht der Intention der UN“