Rheinische Post Hilden

Auf Tour mit dem Uni-Chor

Tobias Kemper begleitete den Chor der Heinrich-Heine-Universitä­t auf eine Konzertrei­se nach Asien. Der dabei entstanden­e Film ist seine Abschlussa­rbeit an der Robert-Schumann-Hochschule.

- VON SVEN-ANDRÉ DREYER

Alles beginnt in Hörsaal 2A der Heinrich-Heine-Universitä­t. Draußen die Gemälde von Roy Lichtenste­in in Pop-Art, innen, auf dem Pult, das in der medizinisc­hen Fakultät gewöhnlich der Präsentati­on von Präparaten dient, liegen eine Butterbrot­dose, Noten, Reiseunter­lagen. Daneben ein Keyboard, das den richtigen Ton angibt. Hier probt der Uni-Chor, 1989 gegründet, einem geistliche­n, aber auch weltlichen Repertoire aus fünf Jahrhunder­ten verpflicht­et und ausgestatt­et mit einer variablen Größe von 30 bis über 120 Sängern. Es ist die vorerst letzte Probe in gewohnter Umgebung.

Die von Maurice Ravel notierte Querflöte der ersten Takte seines Boléro wird von einem „Duwidu“des Chores intoniert, ein letztes Warmsingen in Düsseldorf, ein Einsingen, kurz bevor der Chor mit dann insgesamt 66 Sängern unter Leitung der Dirigentin Silke Löhr aufbrechen wird zu einer rund dreiwöchig­en Konzertrei­se nach Asien. Die hat Tobias Kemper mit seinem Film „Symphonie der Stimmen“, der Abschlussa­rbeit seines Studiums, dokumentie­rt. Der 26-Jährige belegte den Studiengan­g Musik und Medien an der Robert-Schumann-Hochschule, dem größten Institut der Düsseldorf­er Hochschule mit derzeit über 200 Studierend­en. Der rund 50-minütige Film ist seine Bachelorar­beit, entstanden in einer rund einjährige­n Produktion­sphase und montiert aus über 50 Stunden Rohmateria­l, das Kemper mit einem fünfköpfig­en Team drehte.

„Der Studiengan­g kombiniert ein künstleris­ches Studium mit dem Bereich Medienprod­uktion“, erklärt Kemper die Inhalte seines Studiengan­ges. Denn während er einerseits Jazz- und E-Gitarre studierte, erlernte er auch Aspekte der Tonund Bildproduk­tion. Insbesonde­re das Lehrmodul der „AV-Produktion“, die audiovisue­lle Komponente des Studiengan­gs, ermöglicht­e Kemper den Umgang mit Kamera-, Ton- und Schnitttec­hnik. Und weil Kemper selbst Musiker ist, erleichter­te ihm das nicht nur den Zugang zu der Dirigentin und den Sängern des Chors, auch ein Grundverst­ändnis der musikalisc­hen Arbeit auf Tour war für ihn so zugänglich.

„Ursprüngli­ch“, so erzählt Kemper, „wollte ich Tontechnik studieren, wollte also mein Geld mit der Produktion von Musik verdienen.“Doch je mehr Einblick er in das Genre erhielt, umso interessan­ter wurde für ihn die Möglichkei­t, Musik und deren Entstehen auch in bewegten Bildern zu begleiten und für Zuschauer aufzuberei­ten. „Ich will erzählen“, erklärt Kemper seinen dokumentar­ischen Ansatz, die Entstehung, aber auch Wirkung von Musik im Film zu begleiten. Und so dokumentie­rt „Symphonie der Stimmen“einfühlsam die Reise des UniChors nach Südkorea und Japan, nach Seoul, Tokyo und Kyoto. Unter der Fragestell­ung, wie der Chor in der Fremde singen wird, aber auch, wie die verschiede­nen Generation­en – der Chor ist altersgemi­scht und besteht sowohl aus Studierend­en als auch aus Angehörige­n und Mitarbeite­rn der Uni – mit den Strapazen einer solchen Reise umgehen, beleuchtet Kemper in seiner Tourdokume­ntation auch die unterschie­dlichen Aspekte des Aufeinande­rtreffens der Kulturen.

Das Besondere: Kemper zeigt neben dem Alltagsleb­en der Musiker auf Tour insbesonde­re in ausgewählt­en Konzertsit­uationen und

darin eingebette­ten Interviews­equenzen mit den Sängern und der Dirigentin auch die emotionale Wirkung und Rezeption von Musik. Das wird besonders deutlich, als der Chor in Seoul das traditione­lle koreanisch­e Lied „Arirang“als Zugabe singt. Das bis dahin eher verhalten wirkende Publikum singt dann lautstark mit. Während Tobias Kemper nach seinem Studium derzeit beim WDR arbeitet und Liveschalt­ungen aus Nordrhein-Westfalen, unter anderem für Nachrichte­nsendungen, realisiert, möchte er dem Genre des musikalisc­hen Dokumentar­porträts treu bleiben. Sendungen wie etwa die Dokureihe „Rockpalast Backstage“, in denen Künstler aus der Musikszene für einen Tag begleitet werden, reizen den Filmemache­r besonders.

Seinen ersten Film hat Kemper kürzlich als Wettbewerb­sbeitrag beim diesjährig­en 16. Kongress „Soundtrack Cologne“im Bereich des Filmprogra­mms „See The Sound“eingereich­t. Prämiert werden dort Ende August bis Anfang September die besten Musikdokum­entarfilme, künstleris­che Musikfilme, Kurzfilme mit musikalisc­hem Schwerpunk­t und Musikvideo­s.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Die Konzertrei­se des Uni-Chors nach Asien hat Tobias Kemper mit der Kamera begleitet.

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