Malkasten-Streit zeigt tiefe Gräben
Im Theatersaal diskutierten Kritiker und Befürworter die Abriss- und Neubaupläne des Künstlervereins.
Stumm und fast regungslos sitzt der Vorsitzende des Künstlervereins Malkasten, Robert Hartmann, auf dem Podium des Theatersaals. Immer wieder prasselt beißende Kritik auf ihn herab, die er mit stoischer Miene und ohne Rückmeldungen über sich ergehen lässt. Hitzig diskutiert wurden auf dieser Informationsveranstaltung sowohl für Mitglieder des Vereins als auch für Interessierte die Abrissund Neubaupläne der Annexbauten im denkmalgeschützten Malkasten-Park. Der Verein hatte Mitte Mai Pläne vorgestellt, die umfangreiche Sanierungsarbeiten vorsehen, unterstützt durch die Gerda-Henkel-Stiftung, die im Gegenzug das Herz‘sche Haus zu Büro- und Seminarräumen im Erbbaurecht umbauen darf und ein bereits bestehendes Gebäude übernehmen kann. Dazu wird 1,2 Prozent des denkmalgeschützten Parks wegfallen.
Eine Millionen Euro soll zudem als Spende für die Bauaktivitäten des Malkastens fließen, mit dem Geld sollen etwa die angrenzenden Annexbauten samt Parkhaus durch einen Neubau ersetzt werden, auch die Fläche für Ausstellungen soll größer werden. Doch am Abriss des in Künstlerkreisen sehr beliebten Parkhauses, wo von Karl-Heinz Rummeny seit mehr als 20 Jahren Ausstellungen kuratiert werden, hatte sich ein handfester Streit entzündet. Mit einer Unterschriftenliste hatten sich 360 Künstler, darunter Katharina Sieverding, Tony Cragg, Katharina Fritsch und Gregor Schneider, gegen den Abriss gestellt. Auch wenn das Ausstellungsprojekt nun im Neubau weitergehen soll, sind die Gräben innerhalb des Vereins tief. Grund ist der Umgang mit den Annexbauten.
In zum Teil aufgeheizter Stimmung diskutieren die Befürworter des Plans des Vorstandes und die Gegner mehr als zwei Stunden. Dabei wird es ruppig, teils unwürdig: Eine ältere Dame zeigt einem jungen Studenten den Scheibenwischer, die Frau des Vorsitzenden, Ulrike Zilly, ruft immer wieder lauthals dazwischen, und ein Gegner der Neubaupläne lässt sich sogar zu einem Hitler-Vergleich hinreißen.
Die Kritik, dass die Vereinsmitglieder über die Pläne nicht ausreichend informiert worden seien, versucht Manfred Morgenstern, Wirtschaftsbeirat des Malkastens, zu entkräften. Die Mitglieder seien auf den Jahreshauptversammlungen immer wieder informiert worden und hätten mit großer Mehrheit von 50 zu vier Stimmen bei vier Enthaltungen dem Vorstand den Auftrag erteilt, den Vertrag mit der Gerda-Henkel-Stiftung auszuarbeiten und abzuschließen. Rechtlich habe so weit also alles seine Richtigkeit und der Vorstand nur seine Aufgabe erfüllt.
Im Laufe der Diskussion wird dann immer klarer, dass die Neubaupläne nur der Tropfen sind, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Denn ein Teil der Vereinsmitglieder ist offensichtlich mit Hartmanns autoritärem Führungsstil unzufrieden: Es ist von „Gutsherrenart“die Rede.
So leide der Verein seit Jahren unter einem Mitgliederschwund, ausscheidende künstlerische Mitglieder würden durch besser zahlende außerordentliche und nicht stimmberechtigte ersetzt, erzählt ein langjähriges Mitglied.
Bei der Durchsicht des Malkasten-Programms fällt dem Beobachter die künstlerisch rückwärtsgewandte Ausrichtung auf, die wenige junge Künstler einbindet. Bis auf das Programm im Parkhaus sind
die Ausstellungen oftmals künstlerisch irrelevant. Und die Informationspolitik des Vorstandes ist zumindest undurchsichtig. Denn dieser wiederholt während der Sitzung standhaft, dass die finanziellen Details des Vertrages mit der Gerda-Henkel-Stiftung den Mitgliedern nicht zugänglich gemacht werden würden. Ein Zugehen auf die Kritiker in den eigenen Reihen sieht anders aus.
Nach vielen emotionalen Wortmeldungen kommt jedoch wieder Vernunft in die Veranstaltung. Einige schlagen zum Beispiel vor, dass das Parkhaus einen eigenen und vom Malkasten unabhängigen Raum im Neubau erhalten solle.
Von dem Streit unberührt ist bis jetzt der Geldgeber selbst. So sagt eine Sprecherin der Gerda-Henkel-Stiftung auf Nachfrage, dass die Stiftung in gutem Kontakt mit dem Verein stehe und das Projekt weiterhin realisieren wolle, „jedoch nicht um jeden Preis“. Heißt: Gehen Querelen um den Neubau und die Streitigkeiten innerhalb des Vereins weiter, kann die Stiftung die Reißleine ziehen. Dann würde vor allem der Vorstand um Robert Hartmann vor einem Scherbenhaufen stehen.