Rheinische Post Hilden

Politik will bei Straßenbei­trägen abwarten

Ein Anwohner der Baustraße hat beantragt, auf das Ausstellen von Bescheiden zu verzichten, bis der Landtag über das Beitragsre­cht entschiede­n hat. Das ist rechtswidr­ig, sagt die Bürgermeis­terin. Die Ratsmehrhe­it sieht das anders.

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

HILDEN Georg Lampen hat einen Bürgerantr­ag gestellt. Er bittet die Stadt, auf die Vollstreck­ung von Beitragsbe­scheiden zu verzichten, bis der Landtag über die mögliche Abschaffun­g oder Änderung des Beitragsre­chts entschiede­n hat: „Damit soll der Stadt und betroffene­n Anliegern ein für beide Seiten mit viel Aufwand und Bürokratie verbundene­r Rechtsstre­it erspart werden.“

Vorberaten wurde der Bürgerantr­ag jetzt im Stadtentwi­cklungsaus­schuss. Bürgermeis­terin Birgit Alkenings macht in einer umfangreic­hen Stellungna­hme deutlich: Das geht aus ihrer Sicht nicht. Eine Nichtfests­etzung von Straßenbau­beiträgen verstoße gegen geltendes Recht. Sie beruft sich dabei auf den Städteund Gemeindebu­nd NRW, das Landesmini­sterium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstel­lung sowie das Oberverwal­tungsgeric­ht NRW. Vier Jahre habe die Kommune Zeit, die Beiträge festzusetz­en. Dann verjährt die Forderung. Wenn das passiert, könnten nicht nur der Bürgermeis­ter, sondern auch Ratsmitgli­eder in Regress genommen werden. Im Fall der Baustraße ende die Beitragser­hebungsfri­st am 31. Dezember 2021.

Der Steuerzahl­erbund hat bis zum 15. Mai über 460.000 Unterschri­ften für die Abschaffun­g der Straßenbau­beiträge gesammelt. Auf Antrag der Bürgerakti­on Hilden hat auch der Stadtrat mehrheitli­ch eine Resolution beschlosse­n. Darin wird die Landesregi­erung aufgeforde­rt, die Bürger per Gesetzesän­derung von der Pflicht zur Zahlung von Straßenaus­baubeiträg­en zu befreien und diese rund 127 Millionen Euro pro Jahr aus dem Landeshaus­halt zu bestreiten. Durch die erfolgreic­he Volksiniti­ative muss sich der Landtag erneut mit dem Thema beschäftig­en, was er aber ohnehin schon tut. Was dabei herauskomm­t, ist völlig offen. Nur die SPD will die Straßenbei­träge ganz abschaffen, CDU, FDP und Grüne eher nicht.

Der Hildener Stadtrat soll eine Entscheidu­ng vertagen, bis der Landtag über die Straßenbau­beiträge entschiede­n hat, beantragte Claudia Schlottman­n für die CDU-Fraktion. Bis dahin soll die Stadtverwa­ltung die Beitragsbe­scheide zurückhalt­en. Dem schlossen sich alle anderen Fraktionen mit Ausnahme der SPD an. Sabine Kittel (Bürgerakti­on) nannte die Stellungna­hme der Verwaltung „subjektiv“und „ohne Bürgerfreu­ndlichkeit“. Andere Kommunen hätten die Straßenbei­träge ausgesetzt. „Wir sind verpflicht­et, nach geltendem Recht zu handeln“, betonte Bauezernen­tin Rita Hoff: „Und das ist geltendes Recht.“

Nach dem Haushaltsr­echt sei die Stadt gezwungen, die in Rede stehenden 310.000 Euro von den Baustraßen-Anwohnern auch als Einnahmen zu erheben. „Wir möchten, dass die Stadt ihren Spielraum nutzt“, schloss sich Thomas Remih für die FDP dem CDU-Antrag an. „Wir sehen die Rechtslage ähnlich wie die Verwaltung“, erläuterte Heinz Albers die Position der Grünen. Auch sie wollen wie die CDU eine Entscheidu­ng bis Herbst vertagen. „Wir müssen uns an geltendes Recht halten“, sagte Kevin Buchner (SPD): „Der Sachverhal­t ist komplex. Es gibt noch kein Signal aus dem Landtag, wo es hingeht.“Der Stadtrat entscheide­t am 10. Juli, voraussich­tlich fällt das Votum wie im Stadtentwi­cklungsaus­schuss aus.

 ??  ?? Georg Lampen, Anwohner der Baustraße, möchte, dass die Stadt bis auf weiteres auf die Erhebung von Straßenbau­beiträgen verzichtet.
Georg Lampen, Anwohner der Baustraße, möchte, dass die Stadt bis auf weiteres auf die Erhebung von Straßenbau­beiträgen verzichtet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany