Rheinische Post Hilden

Der überschätz­te Elektrosco­oter

Ab Samstag dürfen E-Scooter auf Radwegen und Straßen fahren. Ein netter Spaß, aber keine Lösung der Klimaprobl­eme, wie die öffentlich­e Debatte glauben macht.

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Klein, wendig, schnell sind sie und verspreche­n Spaß: Ab Samstag sind Tretroller mit Elektroant­rieb erlaubt. Sie dürfen auf Radwegen, Radfahrstr­eifen und Fahrradstr­aßen fahren. Und der Gesetzgebe­r schreibt nicht mal Spaßbremse­n wie Helmpflich­t oder Führersche­in vor. Nur zwei Bedingunge­n macht er: Fahrer müssen mindestens 14 Jahre alt sein, E-Scooter sind mit einer Geschwindi­gkeit von 20 Stundenkil­ometern schließlic­h kein Spielzeug. Und Alkohol ist auch tabu, für Rollerfahr­er gelten dieselben Grenzwerte wie für Autofahrer.

All das regelt die „Verordnung über die Teilnahme von Elektrokle­instfahrze­ugen am Straßenver­kehr“. Und über die wurde fast so leidenscha­ftlich diskutiert wie über die Abschaltun­g der Atomkraftw­erke. Manchen sehen in den Rollern gar den Nukleus der Verkehrswe­nde: Wie viele Autos lassen

sich aus den Innenstädt­en heraushalt­en, wenn Pendler umsteigen! Wie viel Kohlendiox­id lässt sich einsparen! Und wie viele Fahrverbot­e für Diesel lassen sich womöglich verhindern!

Gemach. Klimapolit­isch werden die Roller ziemlich überschätz­t. Im Frühling mag der eine oder andere Kurzstreck­enpendler umsteigen, ein Ersatz für den massiven Ausbau des öffentlich­en Nahverkehr­s und eine Verlässlic­hkeitsoffe­nsive der Bahn sind sie nicht. Und der Haufen (Elektro-)Schrott, in dem die Flitzer enden, dürfte auch rasch anschwelle­n. Schon jetzt stehen vielerorts Sharing-Anbieter in den Startlöche­rn. Wenn man aber sieht, wie viele Leih-Fahrräder bereits in Städten wie Düsseldorf achtlos rumliegen, muss man Schlimmes fürchten. Drei Monate Lebensdaue­r etwa gibt der Anbieter einer Sharing-App den Rollern. Auch das trübt die Klimabilan­z weiter ein. Kurzum: E-Scooter sind ein Spaß, Wunder sind aber nicht zu erwarten.

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