Bayer investiert Milliarden in Glyphosat-Ersatz
Zugleich hofft der Konzern auf eine Verlängerung der EU-Zulassung und sucht wohl einen Rechtsvorstand.
LEVERKUSEN Zwei Monate nach der verheerenden Hauptversammlung versucht Bayer, wieder in die Offensive zu kommen. Der Konzern kündigte ein Paket von Maßnahmen an, um seinen durch die Monsanto-Übernahme angeschlagenen Ruf zu verbessern: So will Bayer in den nächsten zehn Jahren fünf Milliarden Euro in die Entwicklung von Unkrautvernichtern jenseits von Glyphosat stecken. Das Geld stammt aus dem 25 Milliarden Euro schweren Investitionstopf, den Bayer bereits vor einigen Monaten für die Agrochemie angekündigt hatte.
An Glyphosat will Bayer dennoch festhalten. „Glyphosat wird weiter eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft und der Produktpalette von Bayer spielen“, teilte der Konzern mit. Er kämpft auch um eine Verlängerung der EU-Zulassung, diese läuft im Dezember 2022 aus. Schon bei der jüngsten Verlängerung hatte es heftige Widerstände im EU-Parlament gegeben. Auch die 13.400 Kläger, die Monsanto in den USA für ihre Krebserkrankung verantwortlich machen, ändern nichts daran, dass Bayer weiter auf das grüne Gift setzt. Zum einen steht Glyphosat für hohe Umsätze, 2018 machte Bayer mit Herbiziden einen Umsatz von fünf Milliarden Euro. Zum anderen verkauft sich das Gensaatgut von Monsanto nur im Zusammenspiel mit Glyphosat so gut – es führt zu glyphosatresistenten Pflanzen.
Als zweites will Bayer die Umweltbilanz seiner landwirtschaftlichen Produkte „deutlich verbessern und bis 2030 die Auswirkungen auf die Umwelt um 30 Prozent verringern“, so der Konzern. Dazu will er Technologien entwickeln, die die Menge an Pflanzenschutzmitteln und Belastungen für die Umwelt senken.
Als drittes will Bayer Pflanzenschutzmittel in Entwicklungsländern nur noch auf den Markt bringen, wenn sie neben den lokalen Sicherheitsstandards auch die Anforderungen „einer Mehrheit der führenden Zulassungsbehörden“erfüllen. Kritiker werfen Monsanto seit langem vor, nur die teils laschen Drittwelt-Standards zu erfüllen.
Und das soll erst der Anfang sein. „Wir werden unsere Anforderungen weiter erhöhen“, kündigte BayerChef Werner Baumann an. Die Mehrheit der Aktionäre hatte ihm auf der Hauptversammlung die Entlastung verweigert. Nun wird spekuliert, dass Bayer nach dem Vorbild von Daimler oder Deutscher Telekom einen Vorstand für Recht oder Compliance (gute Unternehmensführung) installiert. Der Charme für Baumann: Dann müsste nicht er, sondern der neue Vorstand in die Öffentlichkeit treten, wenn, wie zu befürchten ist, neue Verfehlungen von Monsanto bekannt werden. Zuletzt hatte Monsanto Schlagzeilen gemacht, weil der US-Konzern in Frankreich, Deutschland und anderen Ländern Listen über Kritiker, unliebsame Wissenschaftler und Journalisten geführt hatte.
Auf der Hauptversammlung hatten Aktionäre wegen des Kursverfalls und der Reputationsschäden mit Bayer abgerechnet. Kritiker fordern auch einen Pflanzenschutz-Experten im Aufsichtsrat. Davon wolle Aufsichtsratschef Werner Wenning aber nichts wissen, heißt es. Bayer wollte die Spekulationen um Vorstand und Aufsichtsrat nicht kommentieren. Die Bayer-Aktie gab am Freitag leicht nach auf gut 53 Euro.