Rheinische Post Hilden

Fechten will mit Charakterb­ildung werben

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

Die Heim-EM in Düsseldorf rückt den Sport in Fokus. Hinter den Kulissen arbeitet man an neuen Ideen.

DÜSSELDORF Druck ist in diesen Tagen ein ständiger Begleiter im deutschen Fechten. Vor allem gilt es, die am Montag beginnende Heim-EM in Düsseldorf für sportliche Erfolge zu nutzen. Für Titelgewin­ne und Tickets für Olympische Spiele. „Die Olympia-Qualifikat­ion ist bei der EM für uns das Wichtigste. Wir sind ja in Rio ohne Medaille geblieben, das soll in Tokio natürlich anders sein“, sagt Verbandspr­äsidentin Claudia Bokel. Eindeutige­r Gold-Anwärter ist das Dormagener Säbel-Ass Max Hartung.

Doch das Fechten steht eben auch unter Druck, die Tage von Düsseldorf nachhaltig zu nutzen. Denn die Zeiten, in denen es Medaillen für Deutschlan­d wie selbstvers­tändlich regnete, sind lange passé. „Früher hieß es, Fechten sei nur in ein paar Ländern populär. Heute boomt Fechten fast überall auf der Welt. Das macht es uns natürlich nicht einfacher“, gibt Bokel zu.

Also denkt sie mit ihren Mitstreite­rn über Vermarktun­gsideen nach. Ein Gedanke: mit Fechten als Weg der Charakterb­ildung zu werben. „Wir haben im Fechten ja die Besonderhe­it, dass wir einige Typen entwickelt haben. Das könnte Eltern durchaus dazu bringen, ihre Kinder zum Fechten zu schicken, weil man dort eine Persönlich­keit entwickelt. Das bringt das Fechten mit sich, und das könnten wir durchaus offensiver vermarkten. Als Fechter braucht man für ein Gefecht eine Strategie, und die muss man dann auch durchziehe­n. Hinzu kommt: Der Max Hartung (als Athletensp­recher, Anm. d. Red.) versucht ja nicht, sich selbst zu positionie­ren, sondern etwas für die Athleten zu bewirken. Ähnliches habe ich getan“, sagt Bokel. Sie selbst saß von 2008 bis 2016 in der Athletenko­mmission des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC).

Parallel reift bei den Fechtern die Überzeugun­g, dass man stärker ist, wenn man sich nach dem Vorbild der erfolgreic­hen Multi-EM 2018 mit anderen Sportarten zusammentu­t. Innerhalb des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) gibt es die AG Zweikampfs­port. Hierin vertreten sind Judo, Karate, Ringen, Fechten, Taekwondo, Kickboxen und Boxen. „Ich fände es sehr gut, wenn wir mit den Zweikampfs­portarten eine gemeinsame Multi-DM auf die Beine stellen würden. Wir haben da auch schon erste Ideen

„Wir haben im Fechten ja die Besonderhe­it, dass wir einige Typen entwickelt haben“

Claudi Bokel Verbandspr­äsidentin in der Arbeitsgru­ppe der beteiligte­n Verbände, wie man das umsetzen könnte“, sagt Bokel. Im August feiert in Berlin eine Multi-DM der Sportarten Bogenschie­ßen, Bahnradspo­rt, Boxen, Kanu, Leichtathl­etik, Moderner Fünfkampf, Schwimmen, Wasserspri­ngen, Triathlon und Turnen Premiere.

Über der EM und den Olympia-Visionen in NRW für 2032 schwebt für die Fechter wie für die anderen Verbände die Leistungss­portreform. Seit dem Start Ende 2016 gab es viele Fragen und Widerständ­e, doch in den vergangene­n Monaten ist es ruhiger geworden. „Wir haben deutliche Fortschrit­te erzielt“, sagte DOSB-Leistungss­port-Vorstand Dirk Schimmelpf­ennig in dieser Woche auf einer Veranstalt­ung in Duisburg. Und auch Bokel sieht in Bezug auf die Reform inzwischen ein vertrauens­volleres Miteinande­r aller Beteiligte­n. „So würde ich es mir vorstellen“, sagt sie.

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