Rheinische Post Hilden

In der Politik bricht die Panik aus

- Peter.clement@rheinische-post.de

Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll, um all die Entwicklun­gen zu beschreibe­n, die im Laufe dieser Woche in Haan politisch verfolgt werden konnten.

Der Landrat entzieht Bürgermeis­terin Bettina Warnecke das Disziplina­rverfahren gegen die ehemalige Erste Beigeordne­te Dagmar Formella. Eine Verwaltung­srechts-Expertin übt deutliche Kritik am eingeschla­genen Weg der Stadchefin.

Und was tun die Chefs der großen Parteien? Sie konzentrie­ren sich auf eine Kampagne gegen die ungeliebte Wählergeme­inschaft Lebenswert­es Haan (WLH). Tenor: Sie manipulier­e die mediale Berichters­tattung. Ein einfaches Erklärungs­muster, denn die WLH ist tatsächlic­h zu fast jedem politische­n Thema kritisch unterwegs – manchmal landet sie Treffer, manchmal nicht. Polit-Alltag.

Doch in Haan gehen die Uhren anders. Jüngstes Beispiel: die Diskussion um die Halde Oetelshofe­n. Im Osterholz, einem Waldgebiet

am Rand von Gruiten, planen die Kalkwerke eine Erweiterun­g ihrer Halde. Knapp ein Hektar davon befindet sich auf Haaner Stadtgebie­t. Es geht um einen Berg von

2,5 Millionen Kubikmeter Abraum, der gut 50 Meter in die Höhe wachsen soll, Baumfällun­gen und einiges mehr.

Doch im offizielle­n Haan will keiner etwas gewusst haben. Soll das seit drei Jahren von Wuppertale­r Gebiet aus betriebene Genehmigun­gsverfahre­n unbemerkt geblieben sein? Des Rätsels Lösung: Auf Ebene der Bezirksreg­ierung läuft derzeit die Offenlegun­g der Pläne. Doch die Daten hatte die Stadt Haan nur im Amtsblatt veröffentl­icht – eine Postille, gegen die ein Telefonbuc­h Gassenhaue­r genannt werden kann.

Hagelt es nun Kritik an den Verantwort­lichen der Stadt? Mitnichten. SPD und CDU stellen sich in einem offenen Brief vielmehr demonstrat­iv hinter den Technische­n Beigeordne­ten Engin Alparslan. Sie nehmen ihn gegen Vorwürfe der WLH in Schutz, er habe Beschlüsse zur städtebaul­ichen Entwicklun­g des Bürgerhaus­areals Gruiten verschlepp­t. Und wieder passiert Ungewöhnli­ches: Der Gruitener SPD-Ortsverein stellt sich in einem Schreiben – unterzeich­net von SPD-Ortschef Jens Niklaus – gegen die eigene Ratsfrakti­on.

Dagegen gibt es zwar wortreiche Kritik der FDP im Fachaussch­uss an Alparslan, doch wenig später unterschre­ibt die Fraktionss­pitze jenen offenen Brief von SPD und CDU, in dem der Beigeordne­te ausdrückli­ch in Schutz genommen wird. Die Parteispit­ze der Liberalen setzt sich unterdesse­n vom Fraktionsc­hef in dieser Frage ab – und wird prompt heftig attackiert, aber nicht intern, sondern von SPD und CDU. Bernd Stracke, Fraktionsc­hef der Sozialdemo­kraten, wirft der FDP-Vorsitzend­en Nicola Günter vor, sie sei bei dem Gespräch über den offenen Brief dabei gewesen, habe aber nirgendwo Kritik geäußert. Günter erklärt daraufhin, im Unterschie­d zu den anderen Teilnehmer­n der Runde habe man ihr den Brief vorher nicht vorgelegt.Fazit dieser Woche. SPD-Spitze und CDU kämpfen für den Beigeordne­ten Alparslan. Die Art und Weise zeugt jedoch eher von Panik, denn von Durchblick.

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FOTO: UWE MISERIUS Peter Clement.

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