In der Politik bricht die Panik aus
Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll, um all die Entwicklungen zu beschreiben, die im Laufe dieser Woche in Haan politisch verfolgt werden konnten.
Der Landrat entzieht Bürgermeisterin Bettina Warnecke das Disziplinarverfahren gegen die ehemalige Erste Beigeordnete Dagmar Formella. Eine Verwaltungsrechts-Expertin übt deutliche Kritik am eingeschlagenen Weg der Stadchefin.
Und was tun die Chefs der großen Parteien? Sie konzentrieren sich auf eine Kampagne gegen die ungeliebte Wählergemeinschaft Lebenswertes Haan (WLH). Tenor: Sie manipuliere die mediale Berichterstattung. Ein einfaches Erklärungsmuster, denn die WLH ist tatsächlich zu fast jedem politischen Thema kritisch unterwegs – manchmal landet sie Treffer, manchmal nicht. Polit-Alltag.
Doch in Haan gehen die Uhren anders. Jüngstes Beispiel: die Diskussion um die Halde Oetelshofen. Im Osterholz, einem Waldgebiet
am Rand von Gruiten, planen die Kalkwerke eine Erweiterung ihrer Halde. Knapp ein Hektar davon befindet sich auf Haaner Stadtgebiet. Es geht um einen Berg von
2,5 Millionen Kubikmeter Abraum, der gut 50 Meter in die Höhe wachsen soll, Baumfällungen und einiges mehr.
Doch im offiziellen Haan will keiner etwas gewusst haben. Soll das seit drei Jahren von Wuppertaler Gebiet aus betriebene Genehmigungsverfahren unbemerkt geblieben sein? Des Rätsels Lösung: Auf Ebene der Bezirksregierung läuft derzeit die Offenlegung der Pläne. Doch die Daten hatte die Stadt Haan nur im Amtsblatt veröffentlicht – eine Postille, gegen die ein Telefonbuch Gassenhauer genannt werden kann.
Hagelt es nun Kritik an den Verantwortlichen der Stadt? Mitnichten. SPD und CDU stellen sich in einem offenen Brief vielmehr demonstrativ hinter den Technischen Beigeordneten Engin Alparslan. Sie nehmen ihn gegen Vorwürfe der WLH in Schutz, er habe Beschlüsse zur städtebaulichen Entwicklung des Bürgerhausareals Gruiten verschleppt. Und wieder passiert Ungewöhnliches: Der Gruitener SPD-Ortsverein stellt sich in einem Schreiben – unterzeichnet von SPD-Ortschef Jens Niklaus – gegen die eigene Ratsfraktion.
Dagegen gibt es zwar wortreiche Kritik der FDP im Fachausschuss an Alparslan, doch wenig später unterschreibt die Fraktionsspitze jenen offenen Brief von SPD und CDU, in dem der Beigeordnete ausdrücklich in Schutz genommen wird. Die Parteispitze der Liberalen setzt sich unterdessen vom Fraktionschef in dieser Frage ab – und wird prompt heftig attackiert, aber nicht intern, sondern von SPD und CDU. Bernd Stracke, Fraktionschef der Sozialdemokraten, wirft der FDP-Vorsitzenden Nicola Günter vor, sie sei bei dem Gespräch über den offenen Brief dabei gewesen, habe aber nirgendwo Kritik geäußert. Günter erklärt daraufhin, im Unterschied zu den anderen Teilnehmern der Runde habe man ihr den Brief vorher nicht vorgelegt.Fazit dieser Woche. SPD-Spitze und CDU kämpfen für den Beigeordneten Alparslan. Die Art und Weise zeugt jedoch eher von Panik, denn von Durchblick.