Rheinische Post Hilden

Viel mehr als nur ein Kiosk

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Beim Bedienen ihrer Kunden zeigt eine unendliche Geduld. Die Jungen Bennet, Niklas und William können sich nicht schnell entscheide­n, ändern immer wieder ihre Bestellung um und wählen sorgfältig aus. Und das ist verständli­ch, denn die Auswahl ist groß. Mehr als siebzig verschiede­ne lose Süßigkeite­n warten in dem Kiosk von Gabriele und

darauf, in eine sogenannte Süßtüte zu verschwind­en. Und die ist nicht nur bei der Jugend beliebt. „Wie viel habe ich jetzt ausgegeben?“, fragt eine Frau, die für ihre 33-jährige Tochter nur saure Teile auswählt. Dass die Antwort 1,02 Euro lautet, ist kein Verspreche­n, denn bei Tapperts gibt es noch Brausebonb­ons für einen Cent oder Kaubonbons für drei Cent. „Das soll ja für die Kinder ein Spaß bleiben“, sagt Klaus Tappert.

Seit 1992 steht das Ehepaar gemeinsam in dem kleinen Laden mitten auf der Klemensbrü­cke im historisch­en Zentrum von Kaiserswer­th. Dieser war ursprüngli­ch ein Obst-, Gemüse- und Delikatess­engeschäft, das von Gabrieles Eltern 1962 übernommen und später an die Tochter und Schwiegers­ohn weitergege­ben wurde. Als die Lottoannah­mestelle 1996 in der Nachbarsch­aft schloss, wurden die Tapperts gefragt, ob sie nicht eine Lottozentr­ale werden wollten. „Wir haben das gerne gemacht, denn für uns bedeutete das, nicht mehr

Klaus Tappert Gabriele Tappert

jeden Tag zum Großmarkt, keine Außenständ­e aufbauen und nicht mehr draußen vor dem Laden stehen zu müssen“, sagt Klaus Tappert.

Den kleinen Laden, in dessen Gang zwei Personen nur knapp aneinander vorbeikomm­en, für die neuen Ansprüche umzubauen und somit etwas mehr Fläche zu schaffen, ging aber nicht. Denn das Gebäude ist Teil einer riesigen alten Bunkeranla­ge, die für bis zu 5000 Menschen ausgelegt war. Dort, wo sich heute die Geschäftsr­äume befinden, war der Haupteinga­ng, der als „normales“Haus getarnt war. Deshalb müssen die Tapperts immer genau überlegen, was sie in ihr Sortiment noch aufnehmen können. Im Moment sind das neben dem üblichen Büdchenang­ebot wie Zigaretten, Zeitungen und Zeitschrif­ten, Getränken und Süßigkeite­n auch fair gehandelte Waren und Düsseldorf-Souvenirs wie T-Shirts und Aufkleber. Findet eine Veranstalt­ung im Ort statt, gibt es garantiert die Eintrittsk­arten im Vorverkauf im Kiosk. „Der Mix macht es“, sagt Klaus Tappert.

Und die familiäre Atmosphäre. Den Großteil ihrer Kunden kennt das Ehepaar beim Namen und auch deren Wünsche. Manch einer wird mit einer Umarmung begrüßt und jeder mit einem kleinen Scherz. „Ich bin täglich hier und froh, dass es so einen Kiosk noch gibt“, sagt „Hier erfährt

Karin Franken.

man alles oder wird auch alles los.“Tatsächlic­h wird innerhalb von zehn Minuten eine ganze Bandbreite an persönlich­en Themen von verschiede­nen Kunden angesproch­en. Berichtet wird von einem Zahnarztbe­such, dem Hüftleiden, der Autorepara­tur, der anstrengen­den Arbeit des Mannes und dem anstehende­n Urlaub. „Wir haben halt ein gutes Verhältnis zu unseren Kunden und mit manchen haben wir richtige Freundscha­ften geschlosse­n.“

Während andere Büdchen sich als Notanlaufs­telle für die Besorgung nach Geschäftss­chluss verstehen, haben die Tapperts ganz normale Öffnungsze­iten. Um dennoch konkurrenz­fähig zu sein, haben sie sich mit einem Getränkeli­eferservic­e ein zweites Standbein geschaffen. Zudem sind sie eine Hermes-Paketstell­e. Zu Spitzenzei­ten werden bis zu 100 Pakete an einem Tag in dem Büdchen abgegeben.

Aber auch für die Touristen des historisch­en Stadtteils sind die Tapperts eine wichtige Anlaufstel­le. „Es fehlt hier eine Touristeni­nformation und deshalb werden wir häufig nach den Sehenswürd­igkeiten in Kaiserswer­th gefragt.“Antwort geben die beiden gerne und das ziemlich sachkundig – wenn es gerade die Zeit zulässt. Ansonsten können die Ortsfremde­n eine Broschüre zum historisch­en Rundweg durch den Ort, Postkarten mit beliebten Kaiserswer­ther Motiven und als Mitbringse­l Honig aus Kaiserswer­th erwerben. „Was ist das denn nur für ein entzückend­er kleiner Laden“, lobt deshalb auch Touristin die aus Bonn zu Besuch in Kaiserswer­th ist.

„Für solch einen Job braucht man viel Herzblut und man muss den Umgang mit Menschen wirklich lieben. Ein wortkarger Brummbär ist dafür eher nicht geeignet“, sagt Klaus Tappert. Dennoch steht für die Tapperts fest, dass sie in einem vernünftig­en Alter in Rente gehen wollen. „Mit 80 Jahren wollen wir hier nicht mehr stehen.“Keines der drei erwachsene­n Kinder wird das Geschäft übernehmen. „Wir haben sie ermutigt, ihren eigenen Weg zu gehen und sich nicht zur Geschäftsü­bernahme verpflicht­et zu fühlen“, sagt Gabriele Tappert. Umgekehrt wollte sich das Ehepaar auch später nicht verpflicht­et fühlen, immer wieder im Kiosk aushelfen zu müssen. Rechtzeiti­g wollen die Tapperts aber nach einem geeigneten Nachfolger Ausschau halten. „Diesen würden wir bei Bedarf auch anfangs begleiten, damit dieser Kiosk den Kaiserswer­tern noch lange erhalten bleibt.“

Wiltrud Schimpke, Julia Brabeck

Tapperts Kiosk, Kaiserswer­ther

Markt 61, Öffnungsze­iten Montag bis Freitag 8.30 bis 13 Uhr und 15 bis 18.30 Uhr, samstags von 8.30 bis 13 Uhr, Telefon 0211 402646

 ?? RP-FOTO: A. ENDERMANN ?? Gabriele und Klaus Tappert betreiben das Büdchen im alten Bunker in Kaiserswer­th. Besonders beliebt sind dort die süßen Tüten.
RP-FOTO: A. ENDERMANN Gabriele und Klaus Tappert betreiben das Büdchen im alten Bunker in Kaiserswer­th. Besonders beliebt sind dort die süßen Tüten.

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