Anti-Radikalisierungs-Zentrum vor dem Aus
Bislang hat der Justizminister das Zentrum gelobt. Vertrauliche Briefe belegen nun den Schließungs-Plan.
DÜSSSELDORF Öffentlich feiert NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) das „Zentrum für Interkulturelle Kompetenz“(ZIK) noch als bundesweites Vorbild. Über den Expertenpool, der den Mitarbeitern der Justiz beim Umgang mit Extremisten helfen und Radikalisierungsprozesse in Gefängnissen vermeiden soll, heißt es auf der Homepage des Ministeriums: „Ein vergleichbares Zentrum (...) ist bislang von keiner anderen Justizverwaltung errichtet worden und stellt einen großen Gewinn für die Justiz in NRW dar“. Vor wenigen Tagen präsentierte Biesenbach noch gemeinsam mit dem Zentrum die Strategie des Landes gegen Extremismus-Tendenzen in Gefängnissen.
Aber in Wahrheit ist ihm das von seinem Vorgänger Thomas Kutschaty (SPD) auf den Weg gebrachte ZIK offenbar ein Dorn im Auge. Das belegt ein interner Schriftverkehr, der unserer Redaktion vorliegt. In seinem Brief an ein Mitglied des Beirates schreibt der Justizminister: „Die Erwartungen, die mit der Einrichtung des Zentrums verbunden worden waren, konnten bisher nicht erfüllt werden.“Aus diesem Grund werde geprüft, ob „eine abweichende organisatorische Anbindung eine größere Effizienz verspricht“.Eine Sitzung des Beirates, für den nach Biesenbachs eigenen früheren Worten „herausragende Persönlichkeiten“gewonnen wurden, sagte Biesenbach ab.
Der Justizexperte der SPD im Landtag, Sven Wolf, sagte: „Biesenbach war bei der Eröffnung des Zentrums für Interkulturelle Kompetenz noch völlig begeistert. Ein Jahr später will er davon nichts mehr wissen.“Fachliche Gründe seien dafür nicht zu erkennen.
Biesenbach selbst sagte auf Nachfrage: „Viele wichtige Termine in der jüngeren Vergangenheit, beispielsweise im Rahmen unserer Themenworkshops zur Ruhrkonferenz oder auch anlässlich eines Symposiums zu Fragen der Radikalisierung und Integration von Gefangenen muslimischen Glaubens, haben mir Denkanstöße vermittelt, die Arbeit des Zentrums für Interkulturelle Kompetenz neu zu organisieren.“Die Überlegungen seien nicht abgeschlossen, weshalb eine Sitzung des Beirates erst Sinn mache, wenn konkrete Vorschläge zur Zukunft des Zentrums „oder einer entsprechenden Einrichtung“vorlägen, so der Minister weiter.
Welche seiner Erwartungen das ZIK nicht erfüllt habe, sagte Biesenbach nicht.