Ein bisschen Frieden für Libyen
Bei der internationalen Libyen-Konferenz in Berlin übernimmt Bundeskanzlerin Merkel die Rolle der Mittlerin. Ihre Autorität kann helfen, einen politischen Prozess für das im Chaos versinkende Land aufzusetzen.
BERLIN
Militär für eine Teilnahme an der Berliner Konferenz zu gewinnen. Maas sagte nachher, Haftar habe zugesagt, sich an die verabredete Waffenruhe halten zu wollen.
Mit Zusagen ist es in einem Land wie Libyen so eine Sache. Ihre Halbwertzeit richtet sich auch nach Geländegewinnen der eigenen Truppen. Gegenwärtig kommt Haftar mit seinem Sturm auf die Hauptstadt Tripolis nicht weiter. Das mag ihn bewogen haben, nach Berlin ins Kanzleramt zu kommen und irgendwie an einer politischen Lösung mitzuwirken. Wie es auch sein Feind macht, der Ministerpräsident der international weitgehend anerkannten Zentralregierung in Tripolis, Fajis al-Sarradsch. Er sagte vorher der „Welt am Sonntag“, wenn Haftar seine Angriffe nicht einstelle, „muss die internationale Gemeinschaft aktiv werden, und zwar auch mit einer internationalen Truppe zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung“.
Merkel hat sich im Libyen-Krieg bislang nicht positioniert, was sie für eine Mittlerrolle und Konferenz-Gastgeberin prädestiniert hat. Aber im Kreis der Alliierten gibt es noch eine offene Wunde: 2011 hatte sich Deutschland im UN-Sicherheitsrat bei der Abstimmung über Luftschläge gegen Truppen des damaligen libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi - wie Russland und China - enthalten. Zum Entsetzen der Alliierten. Deutschland galt als Drückeberger. Nun aber geht Deutschland mit dieser Konferenz voran. Es ist der Weg der Diplomatie. Jeder der Teilnehmer hat eigene Interessen in diesem Libyen-Konflikt. Daraus ein Band für Frieden zu ziehen und den Weg für einen politischen Prozess zu ebnen, ist Merkels schwierige Aufgabe an diesem Tag.
Um 13.30 Uhr beginnt das große Händeschütteln auf dem roten Teppich vor dem Kanzleramt. Die Gastgeberin im leuchtend blauen Blazer begrüßt zunächst António Guterres, der als UN-Generalsekretär gewissermaßen Mitveranstalter dieser internationalen Konferenz ist. Gemeinsam nehmen sie Pompeo, den britischen Premier Boris Johnson (der schnell die Entsendung britischer Experten zur Überwachung eines Waffenstillstands in Aussicht stellt), Russlands Präsidenten Wladimir Putin, den italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und Yang Jiechi, den Vertreter der Weltmacht China, in Empfang. Es dauert ein wenig, bis alle zum Familienfoto aufgestellt sind. Putin findet nicht gleich seinen Platz. Merkel hat ihn und Erdogan ausreichend weit auseinander platziert. Putin unterstützt Haftar, Erdogan al-Sarradsch.
Die beiden Widersacher selbst sind nicht beim Aufmarsch der Mächtigen auf dem roten Teppich dabei. So wird es ein Tag des unfertigen Friedens. Aber ein Anfang.