Intendanten erinnerten an große und kleine Theatermomente
Günther Beelitz, Joachim Lux, Anna Badora, Joachim Klement und Wilfried Schulz blickten zurück auf ihre Zeit am Düsseldorfer Theater.
Fünf Theaterintendanten, vereint in einem Stuhlkreis auf der Bühne. Dieses seltene Bild bot sich beim Gespräch „Ein Blick in die Geschichte“im voll besetzten Kleinen Haus. Die Veranstaltung im Rahmen des Schauspielhaus-Jubiläums moderierte Dorothee Krings, Kulturredakteurin der „Rheinischen Post“. Ihre Gäste: Ex-Intendant Günther Beelitz (1976-1986, 2014-2016), Joachim Lux, Chefdramaturg in der Ära Volker Canaris (1989-1996) und jetziger Intendant des Hamburger Thalia-Theaters; Anna Badora, die erste Frau an der Spitze in Düsseldorf (1996-2006), heute Intendantin des Wiener Volkstheaters sowie Joachim Klement, Chefdramaturg bei Amélie Niermeyer (2006-2010) und am Staatstheater Dresden Nachfolger von Wilfried Schulz – auch dieser saß in der Runde.
Viel Nostalgie, viele Erinnerungen an emotionale und misslungene Theatermomente. Zuerst die Frage an die Gäste nach dem einprägsamsten Augenblick ihrer Düsseldorfer
Zeit. Für Günther Beelitz sind der schlimmste und der schönste Moment verquickt: Auf die Etatkürzung von 2,1 Millionen Mark in der laufenden Spielzeit 1982 folgte sogleich die bisher einzige Auszeichnung des Schauspielhauses zum „Theater des Jahres“. Joachim Lux sind die Shakespeare-Inszenierungen „Romeo und Julia“und „Sommernachtstraum“von Karin Beier unvergessen, Anna Badora die Skandale bei „Salome“und der „Macbeth“-Premiere von Jürgen Gosch: „So eine Reaktion hatte ich noch nie erlebt, in Sekundenschnelle leerte sich nach einer Szene das halbe Theater.“Joachim Klement nannte Heiner Müllers „Schlacht“als Beleg für die ungeheure Imagination, die das Theater ermöglicht. „Sich steigernde schlechte Momente“durchlitt Wilfried Schulz wegen der Baumaßnahmen. Als das Ensemble dann gegen alle Widrigkeiten anspielte, sich die Rückkehr an den Gründgens-Platz erkämpfte und das Publikum mit Robert Wilsons „Sandmann“im desolaten Schauspielhaus verzauberte, war das pures Glück.
Erinnert wurde auch an umstrittene Regie-Freigeister wie Dimiter Gotscheff und Werner Schroeter. Bei Peter Löscher, dem Beelitz ein eigenes Schauspieler-Kollektiv überließ, endete es tragisch. Drei Künstler nahmen sich im Zusammenhang mit der Produktion „Mit tränenüberströmtem Gesicht“das Leben.
Kontrovers und amüsant diskutierte man über den ach so zweifelhaften Ruf des Düsseldorfer Publikums. Wilfried Schulz hält wenig von diesem Mythos: „Das grenzt an Kaffeesatzleserei.“Deutschfeindlich aufgewachsen, verspürte die gebürtige Polin Anna Badora große Neugier, „dem Phänomen des deutschen Theaters auf die Spur zu kommen.“Ihre Düsseldorfer Intendanz fiel in die Zeit der Osterweiterung, was der Spielplan widerspiegelte: „Es war mir ein Bedürfnis, wie sich das Theater am Brückenbauen beteiligen kann.“Und was wünscht ein jeder dem Schauspielhaus zum Geburtstag? „Dass es ein Zentrum der Stadtgesellschaft wird“( Joachim Lux), „ein Ort der Auseinandersetzung mit wichtigen Fragen der Zeit“(Anna Badora). „Entspanntes Arbeiten“, sagte Beelitz, wies jedoch auf Zukunftsprobleme hin. Wilfried Schulz setzt auf Selbstbewusstsein: „Ich glaube nicht an die Krisentheorie. Die Notwendigkeit des Gebrauchtwerdens von Theater ist sehr präsent.“
Info Die Jubiläums-Festlichkeiten werden fortgesetzt mit dem Podiumsgespräch „Düsseldorf 2070 - Reden über die Zukunft der Stadt“am Mittwoch um 19.30 Uhr im Foyer des Großen Hauses. Es diskutieren Susanne Gaensheimer (Kunstsammlung NRW), Moritz Döbler (Chefredakteur der Rheinischen Post), Justus Haukap (Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie), Thorsten Nolting (Diakonie) und Shaylin Shahinzad (Jugendrat).