Rheinische Post Hilden

In die Superyacht­en darf man nur mit Termin

Vom Tellerwäsc­her bis zum Millionär – auf der Wasserspor­tmesse findet wirklich jeder etwas. Und seien es nur unerfüllte Träume.

- VON HELENE PAWLITZKI UND ANDREAS ENDERMANN (FOTOS)

„Papa, sind 300.000 Euro viel?“, fragt ein kleiner Junge. Sein Vater hört ihn nicht, er betrachtet gerade den Hermes Speedster – ein Boot, das so aussieht, als hätte Porsche ein Amphibienf­ahrzeug gebaut. James Bond wäre sich nicht zu schade, damit durch Venedig zu jagen.

007 ist nicht zu sehen – Geheimagen­ten bekommen ihre Boote wahrschein­lich vom Arbeitgebe­r gestellt. Ansonsten sind aber alle da: die, die sich problemlos einen Speedster zu Ostern schenken könnten (weil er gut zum Zweitwagen passt) – und die, die ihr Leben lang Speedstern mit offenem Mund hinterhers­chauen werden. Auf der „Boot“werden auch Yacht-Deals im Millionenw­ert klargemach­t. Aber für das Gros der Besucher ist sie ein Ort zum Träumen.

Wer in eine der riesigen Luxusyacht­en hineinwill, muss sich an den meisten Ständen einen Termin holen. Der komplizier­te Teil seines Jobs, verrät der Booker einer französisc­hen Werft, sei, abzuschätz­en, wer tatsächlic­h einmal eine Yacht kaufen werde und wer nur mal gucken wolle. Denn nur einer von 100 ist wirklich ein Kunde. Ihn gilt es, ausgiebige­r herumzufüh­ren und vielleicht mit einem Glas Wein und ein paar edlen Nüsschen zu bewirten. Wer keinen Termin hat, darf eine Treppe hinaufstei­gen und durchs Außenfenst­er der Yacht ins Innere schauen, wo sich die Auserwählt­en auf den Lederpolst­ern fläzen. Es ist ein bisschen wie im Zoo.

Bei Sirius darf man dagegen auch ohne Termin in die Yachten und trifft drinnen einen entspannt wirkenden Mann, der sich nach kurzem Zögern als glückliche­r Besitzer dieses Schiffs zu erkennen gibt. Vor zwei Jahren hat der 63-jährige Arzt den Auftrag bei Sirius platziert, davor hat er lange recherchie­rt. In drei Wochen ist nun Einweisung. Seine neue Yacht hat drei Schlafräum­e, zwei Badezimmer, eine gut ausgestatt­ete Küche, Solarzelle­n und einen Dieselmoto­r, eine Waschmasch­ine und ein Teakholz-Interieur. All das hat er sich so ausgesucht. „So ein Boot wollte ich schon immer“, sagt er, „meine Frau wusste das auch“. 800.000 Euro hat er in etwa bezahlt.

Thomas Happ und Philipp Fischer werden für ihr nächstes Boot in etwa ein Tausendste­l ausgeben. Für 60 Euro haben die beiden Wiener im Internet einen USB-Stick gekauft, darauf sind die Pläne für ein Do-it-yourself-Holzboot. „Vielleicht können wir ja die Teile für Sie herstellen“, sagt Henrikas Petrauskas halb im Scherz, „in Litauen sind die Lohnkosten niedrig“. Happ und Fischer bewundern nämlich gerade ein kleines Holzboot aus dem Jahr 1928, das die Memel-Werft aus Litauen restaurier­en will. Petrauskas ist Projektlei­ter. „Nein, nein, der Spaß liegt ja im Selbermach­en“, wehrt Happ ab. Aber ein bisschen interessie­rt an so einer Windschutz­scheibe, die das restaurier­te Boot einmal haben wird, ist er schon.

Wo große Namen fallen, ist der Andrang besonders heftig. Der japanische Maschinenb­auer Yanmar präsentier­t eine neue Yacht, die beim diesjährig­en America’s Cup als offizielle­r VIP-Cruiser fungieren wird. Damit möglichst viele Journalist­en zuhören, hat Yanmar einen „alten Becher“eingefloge­n: den Original-Pokal des America’s Cup, auch „auld mug“genannt. Die über 170 Jahre alte Trophäe (angeblich der älteste Sport-Pokal der Welt) wird von drei bulligen Männern aus einem Lederkoffe­r geschält und dann ungefähr tausend Mal fotografie­rt.

Der andere große Name des Sonntags ist Hannes Jaenicke, der eine

Pressekonf­erenz mit der Organisati­on Shark Projekt gibt. Der Schauspiel­er setzt sich dafür ein, dass die EU den Handel mit Haifischfl­ossen verbietet. In Asien werden hohe Preise für die Flossen bezahlt, weswegen laut Shark Projekt europäisch­e Fischer jedes Jahr Millionen von Haien töten. „Die schamlose Untätigkei­t der Politik ist peinlich“, schimpft Jaenicke. Und dann sagt er noch, dass Steven Spielberg sich für „Der weiße Hai“mal entschuldi­gen solle.

Ab Februar läuft ein Bürgerbege­hren für eine entspreche­nde Gesetzesin­itiative.

Unterschre­iben eine Million EU-Bürger, muss sich die Politik damit befassen. Was kann man sonst noch tun? „Weniger Fisch essen“, sagt Vegetarier Jaenicke knallhart.

Wolfram Koch von Shark Project sagt, wer Wasserspor­t möge, müsse ein Interesse an gesunden Ozeanen haben. „Bei den Tauchern haben wir es schon geschafft, bei den Bootsbesit­zern geht es langsam los.“Ein bisschen Umweltbewu­sstsein ist also das mindeste, was man von der „Boot“mitnehmen kann – wenn schon keinen Hermes Speedster.

 ??  ?? In der Halle 6 stehen die Superyacht­en mit bis zu 96 Fuß Länge. Für einige wenige ein Ort zum Kaufen – für die meisten ein Ort zum Staunen.
In der Halle 6 stehen die Superyacht­en mit bis zu 96 Fuß Länge. Für einige wenige ein Ort zum Kaufen – für die meisten ein Ort zum Staunen.
 ??  ?? Schauspiel­er Hannes Jaenicke (Mitte) mit den Hai-Schützern Wolfram Koch und Stefanie Brendl
Schauspiel­er Hannes Jaenicke (Mitte) mit den Hai-Schützern Wolfram Koch und Stefanie Brendl
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FOTO: HELENE PAWLITZKI Gut bewacht: Der Pokal des America‘s Cup wurde aus Neuseeland eingefloge­n.
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Von 1928 stammt dieses Boot, das eine litauische Firma restaurier­en will – falls sich ein Auftraggeb­er findet.
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Wer kein ganzes Boot will, kann auch erst mal ein motorbetri­ebenes Surfboot kaufen.

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