Rheinische Post Hilden

Mieten in den Großstädte­n steigen langsamer

Viele können sich das Wohnen in den sogenannte­n Schwarmstä­dten nicht leisten. Sie suchen sich Wohnraum daher im Umland – mit Konsequenz­en für die Preise dort.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Am deutschen Immobilien­markt gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte zuerst: Die Preise für Häuser und Wohnungen sind auch im vierten Quartal des vergangene­n Jahres gestiegen, und sie werden das vermutlich so lange tun, wie die Niedrigzin­sphase in der Euro-Zone anhält. Also noch auf Jahre hinaus, womöglich noch zehn Jahre, wie besonders große Skeptiker glauben. Dieses Zinsniveau treibt die Nachfrage.

Die einigermaß­en gute Nachricht: In den Ballungsze­ntren, in denen viele über einen eklatanten Mangel an bezahlbare­m Wohnraum klagen und die Politik mitunter schon Gegenmaßna­hmen angestoßen hat, steigen die Mieten wenigstens langsamer. Das zeigen die jüngsten Zahlen des Berliner Forschungs­und Beratungsi­nstituts Empirica, das in diesem Zusammenha­ng von Schwarmstä­dten spricht. Gemeint sind Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart, München, Hamburg und Berlin.

Mietanstie­g Da, wo die Mieten steigen, tun sie dies nicht wegen der niedrigen Zinsen, sondern weil viele

Menschen aus dem In- und Ausland in die betreffend­e Stadt kommen. Dort treffen sie auf einen Markt, auf dem immer noch zu wenig gebaut wird. Am Dienstag bekräftigt­e der Deutsche Mieterbund seine Forderunge­n nach mehr neuen Sozialwohn­ungen. Von denen müssten pro Jahr 80.000 neu gebaut und für 75.000 bestehende Preis- und Sozialbind­ungen geschaffen werden, so der Mieterbund. Rund 6,5 Milliarden Euro an Fördermitt­eln seien dafür notwendig, zu denen Bund und Länder je die Hälfte beisteuern sollten.

Zuzug Lange Zeit waren die Schwarmstä­dte das begehrte Ziel bei den Wanderbewe­gungen. Doch mittlerwei­le sind diese Metropolen für viele zu teuer geworden. In Berlin stiegen die Mietpreise laut Empirica-Vorstand Braun binnen 15 Jahren um 90, in Stuttgart um 60 Prozent. Köln und Düsseldorf kamen auf „nur“40 Prozent plus. All das hat den Zuzug regional ein wenig verschoben. „Die Menschen weichen aus in preiswerte­re Städte“, sagt Braun.

Profiteure des erzwungene­n Wandels sind Städte im Umland wie der Rhein-Kreis Neuss und der Kreis Viersen, in denen die Mieten seit 2005 vergleichs­weise langsam gewachsen sind. Zum Vergleich: In diesen 15 Jahren kommen die Regionen Neuss (plus 20) und der Kreis Viersen (plus 16 Prozent) nicht annäherrnd an den Durchschni­tt der Schwarmstä­dte (plus 60 Prozent) heran. Auch Bonn liegt mit einem Preisansti­eg von 38 Prozent noch deutlich unter dem Niveau der sieben Metropolen.

Eine Folge: In München, dem teuersten Immobilien-Standort der Republik, betrug schon vor zwei Jahren der Saldo aus Zuzüglern und Abgängen minus zehn Prozent. Das heißt: Deutlich mehr Menschen gingen als kamen. Solche Entwicklun­gen halten seither die Preise im Zaum. Im vergangene­n Jahr stiegen die Mieten in den Schwarmstä­dten laut Empirica durchschni­ttlich nur noch um 1,5 Prozent. In den beiden Jahren davor waren es noch 5,8 respektive 4,1 Prozent gewesen. Duisburg (plus 6,2), Krefeld (plus 5,6) und Neuss (plus vier Prozent) melden für das abgelaufen­e Jahr deutlich stärker gestiegene Mieten.

Eigenheime Viele hoffen darauf, dass niedrige Zinsen die Gesamtkost­en für das Eigenheim verringern könnten. Ein fataler Trugschlus­s, weil das die Preise treibt. „Für potentiell­e Selbstnutz­er gilt: Doppelter Preis erfordert doppeltes Eigenkapit­al“, schreibt Empirica als Fazit aus den Daten. Damit wird die eigene Immobilie für manche unerschwin­glich. Zumal Investoren aus dem Ausland die Nachfrage zusätzlich anheizen.

Land-Leerstand Es sei denn, sie ziehen in die Provinz und nehmen im Zweifel höhere Fahrtkoste­n für den Weg zum Arbeitspla­tz in Kauf. Das ist die Gegenbeweg­ung zum bisherigen Exodus in die Schwarmstä­dte. „Da die Menschen auf dem Land aber auch schön wohnen wollen, verlangen sie Neubauqual­ität“, sagt Braun. Also wächst der Leerstand im Bestand. Freilich wäre er ohne die Bauherren auf dem Land auf keinen Fall kleiner.

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