Rheinische Post Hilden

Zwölf Straßennam­en sind historisch belastet

Der Beirat empfiehlt nach der Überprüfun­g der Namensgebe­r eine Umbenennun­g der Straßen. Auch die Porschestr­aße ist betroffen.

- VON HENDRIK GAASTERLAN­D Was sagen Sie zu den Empfehlung­en des Beirats, welche neue (Frauen)Namen würden Sie sich wünschen? Schreiben Sie uns an duesseldor­f@rheinische-post.de

Die Überprüfun­g von 99 Düsseldorf­er Straßen- und Platznamen von einem wissenscha­ftlichen Beirat ist abgeschlos­sen. Die siebenköpf­ige Arbeitsgru­ppe um die beiden Vorsitzend­en Bastian Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstät­te, sowie Benedikt Mauer, Leiter des Stadtarchi­vs, wurde im März 2018 vom Kulturauss­chuss beauftragt, die Namensgebe­r der Straßen mit dem Schwerpunk­t Kolonialis­mus, Militarism­us, Nationalis­mus und Antisemiti­smus zu überprüfen.

Bei zwölf Straßen wurde in der Kategorie A (schwer belastet/nicht haltbar) eine Empfehlung zur Umbenennun­g abgegeben. Darunter befindet sich die Porschestr­aße. Der Kategorie B (teilweise belastet/diskussion­swürdig) wurden 24 Straßen zugeordnet, wie zum Beispiel die Wagnerstra­ße. Das JosephBeuy­s-Ufer zählt zur unbelastet­en Kategorie C.

Welche Straßennam­en wurden warum zur Umbenennun­g empfohlen?

Heinz-Ingenstau-Straße: Der Jurist und Stadtdirek­tor von Düsseldorf (1964-1971) hatte eine exponierte Stellung im Dritten Reich und war SA-Mitglied. Leutweinst­raße: Dem Kolonialpo­litiker Theodor Gotthilf Leutwein wird aggressive­r Kolonialis­mus nachgesagt. Lüderitzst­raße: Die Straße von Kaufmann Franz Adolf Eduard von Lüderitz soll ebenfalls wegen aggressive­m Kolonialis­mus umbenannt werden. Münchhause­nweg: Lyriker Börries Freiherr von Münchhause­n war Antisemit und unterstütz­te das NS-Regime.

Petersstra­ße: Kolonialpo­litiker Carl Peters war aggressive­r Kolonialis­t. Pfitznerst­raße: Komponist Hans Pfitzner hatte eine herausrage­nde Stellung im Dritten Reich und war Antisemit. Porschestr­aße: Automobilk­onstrukteu­r Ferdinand Porsche besaß als SS-Oberführer eine exponierte Stellung im Dritten Reich und unterstütz­te das NS-Regime. Schlieffen­straße: Generalfel­dmarschall Alfred Graf von Schlieffen soll für aggressive­n Militarism­us und Kolonialis­mus bekannt gewesen sein. Wilhelm-Schmidtbon­n-Straße: Der Schriftste­ller war Antisemit und Unterstütz­er des NS-Regimes. Hans-Christoph-Seebohm-Straße: Der Politiker soll eine Nähe zum Rechtsextr­emismus gehabt haben und Profiteur des Dritten Reiches gewesen sein. Wissmannst­raße: Offizier Hermann von Wissmann war laut Beirat Kolonialis­t. Woermannst­raße: Die Straße des Kaufmanns Adolph Woermann soll wegen aggressive­m Kolonialis­mus umbenannt werden.

Wie ging der Beirat vor?

Es gibt mehr als 3500 Straßen in Düsseldorf. 645 Straßen und Plätze wurden nach Personen benannt, die nach dem Jahr 1870 starben und überprüft wurden. Im ersten Schritt eruierte der Beirat, welche Berührungs­punkte die Namensgebe­r in den Bereichen Kolonialis­mus, Militarism­us, Nationalso­zialismus und Antisemiti­smus hatten. 99 Namen wurden anschließe­nd näher in den Blick genommen, zu 79 wurden Gutachten angefertig­t. Zu Recherchez­wecken reisten Mitglieder des Beirats teilweise nach Berlin, Hamburg und

München. Bewertet wurde immer die Gesamtlebe­nsleistung der Namensgebe­r. War man zum Beispiel NSDAP-Mitglied, setzte sich aber anschließe­nd selbstkrit­isch damit auseinande­r und distanzier­te sich vom NS-Regime, zählte man nicht mehr zur Kategorie A.

Wie geht es weiter?

Allein der Stadtrat hat die Möglichkei­t, Namen zu ändern. Der Beirat, der sich im Dezember auflöste, schlägt in seinem 315-seitigen Abschlussb­ericht außerdem vor, alle in der Kategorie B eingeordne­ten Straßennam­en mit erklärende­n Tafeln oder Schildern zu versehen. Der Kulturauss­chuss wurde Donnerstag von den Ergebnisse­n des Beirats informiert, die Ausschussm­itglieder stellen den Bericht nun für weitere Entscheidu­ngen in ihren Fraktionen vor.

Gibt es Alternativ­vorschläge?

Der Beirat hatte nicht die Aufgabe, nach neuen Namen zu suchen. „Uns wurden aber schon Vorschläge gemacht. Wir haben die Ideen gesammelt und werden die betroffene­n Bezirksver­tretungen gegebenenf­alls gerne beraten“, sagte Fleermann. Gut möglich ist es, dass Frauenname­n vorgeschla­gen werden, denn ihr Anteil unter den Straßen mit einem Personenna­men liegt bei drei Prozent. Unter den 99 geprüften Straßen war keine weibliche Namensgebe­rin dabei.

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