Das lange Warten auf den deutschen Pass
160.000 Menschen leben in Düsseldorf, die keine deutsche Staatsbürgerschaft haben. 25 Prozent der Stellen im Amt für Migration und Integration sind nicht besetzt. Das führt zu Konflikten und langen Wartezeiten – wie bei Dirk Ruhfus.
Dirk Ruhfus ist in den USA geboren. Und obwohl er als kleines Kind mit seinen Eltern zurück nach Deutschland kam, behielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Er machte die Schule in Deutschland, seine Ausbildung, studierte hier und fand einen Job. Probleme hatte er eigentlich nie mit seinem Pass. Jetzt, mit 62, würde er aber lieber die deutsche Staatsangehörigkeit haben, „weil ich zunehmend Angst habe, als Amerikaner zu reisen, Geldgeschäfte schwierig sind, und dann ist da auch noch Donald Trump“, sagt Ruhfus.
Doch so leicht, wie er sich das vorgestellt hat, ist es offenbar nicht, den deutschen Pass zu bekommen. Nicht, weil er nicht die nötigen Voraussetzungen erfüllt. Vielmehr scheiterte das Vorhaben bisher an den langen Wartezeiten im Amt für Migration und Integration. Am 20. Februar 2019 stellte er den Antrag, kam der Bitte des Sachbearbeiters nach, von weiteren Nachfragen innerhalb der ersten sechs Monate nach Einreichung der Unterlagen abzusehen. Im Spätsommer versuchte er, Kontakt per Mail aufzunehmen, probierte es im Oktober, November und im Januar noch mal. „Alle Mails blieben unbeantwortet“, sagt Ruhfus. Der Versuch, persönlich einen Termin auszumachen, sei mit den Worten „der nächste mögliche freie Termin bei diesem Sachbearbeiter ist
G E R M im September 2020“abgetan worden. Eine Anzahlung von 100 Euro hatte der 62-Jährige im vergangenen Jahr geleistet, „damals gab man mir den Hinweis, dass nach zwei Jahren ein komplett neuer Antrag eingereicht werden muss, da sonst gesetzliche Fristen abgelaufen wären“. Dirk Ruhfus ist kein Einzelfall, auch wenn sein Anliegen weniger dramatisch ist als bei anderen Düsseldorfern mit ausländischem Pass. Eine junge Familie aus Pempelfort meldete sich in unserer Redaktion, die ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Mit Namen will die Familie nicht in die Zeitung, um keine Probleme im Alltag zu bekommen. Konkret geht
es um eine 36 Jahre alte Japanerin, die mit einem Deutschen verheiratet ist und mit ihm zwei Kinder hat. Im September 2019 versuchte sie, bei der Ausländerbehörde einen Termin zu vereinbaren, um ihren Aufenthaltstitel zu verlängern. „Ein einfacher Folgeantrag, so wie ihn meine Frau schon öfter gestellt hat“, sagt ihr Mann. Nach ein paar Wochen hatte die 36-Jährige eigentlich immer einen Termin im Amt, diesmal sollte sie bis April 2020 warten, also acht Monate – ihr Aufenthaltstitel lief aber bereits im November ab. Auch wenn es auf dem Terminbestätigungsschreiben einen Vermerk gibt, dass der Japanerin in Düsseldorf keine Konsequenzen drohen ohne gültigen Aufenthaltstitel, so hat dieses Schreiben für Behörden im Ausland oder an Grenzen keine Gültigkeit. „Wir mussten schließlich eine Schweden-Reise abbrechen“, sagt der Ehemann der Japanerin, der mehrfach an die Stadt geschrieben hat, ans Beschwerdemanagement, an Oberbürgermeister Thomas Geisel und nicht zuletzt an die Leitern des Amtes für Migration und Integration, Miriam Koch.
Vor ein paar Tagen dann bekam die Familie aus Pempelfort kurzfristig einen Termin, und nach zähen Verhandlungen wird die Japanerin nun einen Niederlassungstitel erhalten, also einen Bescheid über das dauerhafte Aufenthaltsrecht. Sobald ein Termin frei werde – etwa durch die Absage eines anderen – könnte ein Wartender nachrücken. So sei es bei der Japanerin gewesen, sagt Miriam Koch, der bekannt ist, dass die Wartezeiten in ihrem Amt lang sind. „Wir haben 160.000 Menschen in Düsseldorf, die keinen deutschen Pass haben“, sagt Koch. 25 Prozent der Stellen in der Ausländerbehörde seien derzeit nicht besetzt, „für 40.000 Menschen können wir also kein Angebot machen“. Man arbeite aber daran, die vakanten Positionen nachzubesetzen, „wir haben Zeitarbeiter und Quereinsteiger“, so Koch, die hofft, dass es durch die E-Akte eine deutlich spürbare Entlastung geben wird im Amt. Wie genau das Konzept der elektronischen Akte funktionieren soll und wann die Stadt damit loslegen will, steht noch nicht fest. Die Verwaltung will sich entsprechende Modelle in München und Nürnberg anschauen.
Warum es so schwierig ist, Stellen in der Ausländerbehörde zu besetzten, liege an der Attraktivität des Berufs. „Es ist nicht einfach, Menschen in die Verwaltung zu bekommen“, sagt Miriam Koch, „das Ausländeramt ist unbeliebt, weil manchmal Entscheidungen getroffen werden, die unangenehm sind.“Man müsse darüber nachdenken, ob das Gehaltsgefüge stimmt – „unsere Mitarbeiter sollen nicht nur fit sein beim Ausländerrecht, sondern am besten auch noch mehrere Sprachen sprechen“.
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