Dramatische Rettung im Fitness-Studio
Als beim Training ein 51-Jähriger kollabierte, tat Can Olgar genau das Richtige. Er brachte den Mann in die stabile Seitenlage, rief den Notarzt und unterstützte einen Kunden bei der Ersten Hilfe.
Man sieht es Can Olgar an: Der ganze Rummel um seine Person ist ihm unangenehm. Dabei ist er ein Held. Und so stehen plötzlich Journalisten vor ihm, stellen Fragen. Blitzlichter leuchten auf. Keine 24 Stunden vorher hätte er das auch nicht geglaubt. Aber da rechnete Can Olgar auch nicht damit, dass ein Kunde eine Herzattacke erleiden würde – und er ihm mit anderen Kunden das Leben rettet.
Der 22-Jährige arbeitet als sogenannte Servicekraft im FitX Fitnessstudio am Düsseldorfer Seestern. Am Montagabend brach dort während Olgars Schicht gegen 21.20 Uhr ein Mann auf einem Treppensteig-Gerät zusammen. Der 51-Jährige verlor das Bewusstsein, lag hilflos am Boden.
Can Olgar war gerade bei einem anderen Kunden, dem er an einem Gerät half: „Plötzlich hörte ich Schreie und lief direkt zu dem Mann“, berichtete Olgar am Dienstagabend. Andere Kunden des Fitness-Studios hätten schon hilflos um den Bewusstlosen herumgestanden. Viele weinten. 40 bis 50 Personen trainierten zur Zeit des Vorfalls, wurden so Zeugen. Olgar legte den Mann in die stabile Seitenlage und rief den Notarzt. „Zum Glück war ein Mann da, der sich anscheinend gut im medizinischen Bereich auskennt, der hat mir sofort geholfen.“
Denn die Situation war hektisch. „Am Anfang dachte ich noch, es wäre nicht so schlimm. Aber als es schlimmer wurde, habe ich nochmal den Krankenwagen gerufen.“Olgar rannte los, um alle Türen zu öffnen, so dass der Notarzt schnell agieren konnte. In dieser Zeit verlor der Mann seinen Puls, so dass der andere Helfer eine Herzdruckmassage durchführte und sogar ein Defibrillator aus dem Studio zum Einsatz kam. Can Olgar war froh, dass er einen so erfahrenen Helfer an der Seite hatte: „Ich hätte den Defi auch benutzt, war aber erleichtert, dass es jemand anders gemacht hat.“
Dann trafen die Rettungskräfte ein. Nach 25 Minuten konnte der 52-Jährige laut Feuerwehr in ein Krankenhaus gebracht werden. Bereits während der Fahrt kam er laut Feuerwehr wieder zu Bewusstsein. Am Dienstag lag er noch im Krankenhaus. Wie es ihm geht, blieb zunächst unklar. Ein Feuerwehrsprecher: „Es war eine Attacke, in welcher Form und welchem Ausmaß kann ich nicht sagen.“
Fitnessstudioleiter Florentin Liloff zeigte sich erleichtert, dass die Situation nach jetzigem Stand gut ausging. „Can hat mich sofort angerufen. Aber am Telefon kann man ja nicht viel machen. Ich hab ihm nur gesagt, er soll daneben stehen bleiben und allen helfen, die Hilfe brauchen.“
Andere Mitarbeiter konnten Olgar nicht helfen. Die Trainer gehen um 21 Uhr nach Hause, die Nachtwache kommt um 22 Uhr. „Eine Stunde bin ich als Servicekraft immer allein im Studio“, so Olgar, der nebenbei bei Fit X jobbt. Vier Tage arbeitet der Student (Wirtschaftsingenier und Elektrotechnik) in dem Studio, das 24 Stunden am Stück geöffnet hat. Der älteste Kunde ist über 90 Jahre alt, Promi-Trainer Steven Willson gibt dort manchmal Stunden.
Studio-Leiter Liloff will jetzt das Notfallsystem noch verbessern und mehr Schulungen anbieten. „Zum Glück haben wir einen Defibrillator. Das ist nämlich keine Pflicht“, sagte er. Auch Erste Hilfe-Kurse seien für Teilzeit-Kräfte kein Pflichtprogramm: „Viele machen es zum Glück trotzdem.“Zudem gebe es drei Knöpfe unter der Theke am Eingang: einen für die Feuerwehr, einer ruft die Polizei, einer den Notarzt.
„Doch mit dem Handy geht’s meist schneller, wenn man Hilfe braucht“, so Liloff.
Olgar ist froh, dass er erfolgreich helfen konnte. Für ihn war es das erste Mal, das er in so einer Situation war: „In so einem Moment denkst du nicht nach. Da musst du Emotionen weglassen und einfach handeln.“Gestern Abend war Can Olgar in Trainigsklamotten wieder zu seiner Schicht zur Stelle. „Ich möchte gar nicht frei haben, mir geht’s gut, ich mach weiter.“Doch eines nimmt er aus der Situation mit: „Ich achte jetzt noch stärker auf die Kunden, gehe noch aufmerksamer im Trainingsraum herum.“
Apropos Aufmerksamkeit. Viele Augen sind nun wie gesagt auf Can
Olgar gerichtet. Der Presse-Sprecher der Fitness-Kette, Alexander Morel, will sich noch ein Dankeschön einfallen lassen. Und auch die Ehefrau und der Vater des Mannes waren schon da, um sich bei Olgar zu bedanken. Ihm ist das unangenehm: „Das hätte jeder getan und viele haben mir geholfen. Jeder von ihnen hat Dank verdient.“