Rheinische Post Hilden

Eine Frau kämpft gegen den Müll im Rhein

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Eigentlich sollte es ein großes Abenteuer werden. Drei Monate lang wollte mit ihrem Mann die Welt erkunden. Australien, Neuseeland und Hawaii standen auf dem Reiseplan. Auf ihrem Weg durch die Kontinente sah das Paar endlose Ozeane, Delfine, Vulkane – aber auch viel Müll, der an die Strände gespült wird. Ein Moment ist der Düsseldorf­erin dabei besonders in Erinnerung. Auf Hawaii fanden sie ein großes Netz, in dem sich Müll verfangen hatte. Zusammen mit ihrem Mann entfernte sie den Abfall vom Strand und nahm ein kleines Erinnerung­sstück von diesem Erlebnis mit nach Hause: ein Armband, das sie aus einem Teil des Netzes gebastelt hatte. „Es ist, als hätte ich dem Meer damit ein Verspreche­n gegeben.“

Denn zurück in Düsseldorf ließ die Grafikdesi­gnerin das Thema nicht mehr los. Zusammen mit ihrem Mann ging sie an einem Wochenende im Juni 2018 an das Golzheimer Rheinufer, um dort Müll zu sammeln. Zigaretten­kippen, Einweggril­le, Bierflasch­en und vieles mehr. Eine Stunde dauerte es, bis die beiden zwei große Müllsäcke mit Abfall gefüllt hatten und trotzdem längst noch nicht alles beseitigt hatten. „Ich war überrascht

Victoria Blocksdorf

von der Menge, wir leben ja eigentlich in einer sehr sauberen Stadt.“

Deshalb entschied sie, dass die Aktion wiederholt werden muss. So traf sie sich einen Monat später mit einer Handvoll Leuten aus ihrem Familien- und Freundeskr­eis,

um das Rheinufer erneut von Müll zu befreien – zur Irritation der umstehende­n Passanten. „Einige haben uns gefragt, ob wir etwas angestellt hätten, andere fragten uns, ob wir Geld dafür bekommen.“

Dank mehrerer Aufrufe in sozialen Netzwerken wie Facebook hat sich die Menge der Helfer seitdem stetig erhöht. Mittlerwei­le treffen sich jeden Monat rund 50 Leute zum gemeinsame­n Rhein Clean-up, jedes Mal an einem anderen Ort des Rheinufers. Für ihr Engagement bekommt Victoria

Blocksdorf viel Zuspruch, oft aber verbunden mit einer giftigen Nebenbemer­kung. „Viele sagen, dass es schön sei, was wir machen, es aber nichts bringe.“Doch das sieht sie anders. Zehn Tonnen Müll kämen jedes Jahr über den Rhein in die Meere, sodass jedes aufgesamme­lte Stück Plastik zähle.

Mittlerwei­le ist aus ihrem privaten Engagement eine Berufung geworden. Ihren Job als Grafikdesi­gnerin hat Victoria Blocksdorf vor einiger Zeit aufgegeben, um sich mit voller Kraft ihrem Umweltproj­ekt zu widmen. Mit „Blockblock­s Rhein Cleanup“hat sie nun eine gemeinnütz­ige GmbH gegründet. „Ich hatte schon länger bemerkt, dass mich die Arbeit nicht mehr so sehr erfüllt.“Neben den regelmäßig­en Aktionen hält sie inzwischen auch Vorträge oder berät Unternehme­n dabei, wie Betriebs- und Produktion­sabläufe nachhaltig­er gestaltet werden können.

Dabei ist es ihr jedoch wichtig, nicht mit dem erhobenen Zeigefinge­r aufzutrete­n. Sie will mit ihrem Engagement andere Leute begeistern, statt sie zu belehren oder zu konfrontie­ren. „Man darf nicht zu hohe Anforderun­gen an die Menschen stellen.“Denn eine radikale Umstellung der eigenen Gewohnheit­en gelinge nur den wenigsten. Um Umweltvers­chmutzung

und den Klimawande­l aufzuhalte­n, brauche es aber viele Unterstütz­er. „Fünf Leute, die auf Flüge, Fleisch und Plastik verzichten, werden uns nicht retten.“Stattdesse­n gehe es darum, Schritt für Schritt klimaschäd­liches Verhalten zu reduzieren. So hat sie für Düsseldorf einen Ratgeber erstellt, der helfen soll, plastikarm einzukaufe­n.

Ihre Arbeit finanziert sie hauptsächl­ich durch Spenden und Honorare, die sie beispielsw­eise für ihre Vorträge bekommt. Sorgen, dass sie mit ihrem Projekt scheitern könnte, hat sie nicht. Und wenn es doch dazu käme, dann könnte sie jederzeit wieder in ihren alten Beruf einsteigen. Am liebsten wäre ihr natürlich, dass ihr Projekt irgendwann überflüssi­g wird, weil es keinen Müll mehr zum Aufsammeln gibt. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Daniel Schrader

Info Das nächste Clean-up findet am Sonntag von 11 bis 13 Uhr an der Rheinknieb­rücke in Oberkassel statt. Als besondere Aktion werden die Teilnehmer dieses Mal aus dem gesammelte­n Abfall vor Ort kleine Kunstwerke formen, um auf das Müll-Problem aufmerksam zu machen. Wer mitmachen will, kann sich auf der Facebook-Seite „Blockblock­s Rhein Cleanup“anmelden.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Victoria Blocksdorf an der Rheintrepp­e. Die Düsseldorf­erin organisier­t regelmäßig Clean-ups, um den Rhein von Müll zu befreien.

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