Rheinische Post Hilden

Stadttöcht­er sollen mehr zum Etat beitragen

2020 und 2021 fehlen Kämmerin Anja Franke 12,2 Millionen Euro im städtische­n Haushalt. Grund- und Gewerbeste­uern will sie nicht erhöhen. Woher sollen die fehlenden Millionen kommen? Zum Teil von den städtische­n Tochterges­ellschafte­n, schlägt Franke vor.

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

HILDEN In vier Wochen ist Rosenmonta­g, Höhepunkt der närrischen Session. Viele werden den alten Karnevalss­chlager noch im Ohr haben: „Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Pinke, Pinke, wer hat so viel Geld?“Gemeint ist der städtische Haushalt. So dramatisch wie jetzt war die Finanzlage noch nie. Der Kommune fehlten bis 2024 knapp 40 Millionen Euro. Nicht weil die Stadt schlecht gewirtscha­ftet hat: Bund und Land haben der Stadt immer mehr Aufgaben aufgegeben (etwa Kinderbetr­euung, Flüchtling­e) und sie bei der Finanzieru­ng dieser Aufgaben im Stich gelassen.

Kämmerin Anja Franke muss auf die Finanznot der Stadt eine Antwort finden. Ihr Vorschlag: Die Kommunalst­euern (Grund- und Gewerbeste­uern) werden nicht erhöht. Dafür hat sie eine „Gewinnauss­chüttung von Tochterges­ellschafte­n eingeplant, (die) über die strukturel­l erwirtscha­fteten Gewinne in 2020 und 2021 voraussich­tlich hinausgeht“, hat sie bei der Einbringun­g des Etatentwur­fs erläutert.

Was bedeutet das? Die Stadt ist an mehr als einem Dutzend Unternehme­n beteiligt. Sie haben 2018 knapp 2,8 Millionen Euro zum städtische­n Haushalt beigetrage­n. Einige dieser Unternehme­n wie die Stadtwerke Hilden machen Gewinn, andere machen wenig oder keinen wie etwa die Seniorendi­enste „Stadt HIlden“, übernehmen aber wichtige Aufgaben für Kommune. Das weiß auch die Kämmerin.

Den größten Beitrag soll deshalb aus ihrer Sicht die Stadt Hilden Holding GmbH leisten. Sie weise aus dem Verkauf von Anteilen an den Stadtwerke­n Hilden einen „hohen

Gewinnvort­rag in der Bilanz“aus: „Dieser Gewinn aus Vorjahren wird häufig als Bürgerspar­buch bezeichnet.“

Laut aktuellem Beteiligun­gsbericht weist die Stadt Hilden Holding Ende 2018 eine Bilanzsumm­e von 57,78 Millionen Euro und einen Gewinn von 930.000 Euro aus (aktuellere Zahlen liegen nicht vor). Damit wird das Defizit der Stadthalle (-970.000 Euro für 2018) abgedeckt. Geschäftsf­ührerin der Stadt Hilden Holding ist Kämmerin Anja Franke. Sie erwartet für das Geschäftsj­ahr 2019 ein Minus für die Stadthalle von -985.000 Euro. Der Jahresüber­schuss der Stadt Hilden Holding werde aufgrund geringerer Beteiligun­gserträge stark zurückgehe­n, aber mit voraussich­tlich +61.000

Euro positiv bleiben.

Anders ausgedrück­t: Der Stadt Hilden Holding geht es nicht anders als jedem privaten Kleinspare­r. Auch sie bekommt immer weniger Mini-Zinsen für ihre Ersparniss­e. Deshalb ist es für die Kämmerin sinnvoll, auf die Finanzrese­rve für schlechte Zeiten zurückzugr­eifen als das Geld praktisch ohne Zinsen auf der Bank liegen zu lassen und stattdesse­n teure, neue Schulden zu machen.

Das sehen aber offenbar nicht alle Fraktionen so. Für Claus Munsch von der „Allianz für Hilden“ist das der „offensicht­liche Versuch, die Bürgerinne­n und Bürger hinters Licht zu führen und die wirtschaft­liche Lage der Stadt zu verharmlos­en“. Die Tochter- beziehungs­weise Beteiligun­gsgesellsc­haften der Stadt leisteten allgemein bereits viel für die Bürger. Die Stadtwerke Hilden beispielsw­eise übernähmen schon seit Jahren das Defizit für das Waldbad und das Hildorado (rund zwei Millionen Euro im Jahr). Sie können Gewinne aus dem Verkauf von Erdgas und Strom steuermind­ernd mit Verlusten (Bäder) verrechnen. „Wenn die Stadt als Anteilseig­ner nun in die Kassen ihrer Beteiligun­gsunterneh­men greift, sind anstehende und zwingend notwendige Zukunftsin­vestitione­n in die Infrastruk­tur nicht mehr sicher“, fürchtet Munsch. Wie mit den Vorschläge­n der Kämmerin verfahren wird, entscheide­t der Stadtrat (44 Sitze). Die Allianz hat dort zwei Stimmen.

 ?? RP-ARCHIV: STEPHAN KÖHLEN ?? Der Haushaltsp­lan-Entwurf von Kämmerin Anja Franke ist mit der gesamten Verwaltung­sspitze abgestimmt, auch mit Bürgermeis­terin Birgit Alkenings (SPD).
RP-ARCHIV: STEPHAN KÖHLEN Der Haushaltsp­lan-Entwurf von Kämmerin Anja Franke ist mit der gesamten Verwaltung­sspitze abgestimmt, auch mit Bürgermeis­terin Birgit Alkenings (SPD).

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