Rheinische Post Hilden

Djokovic quält sich zum Sieg in Melbourne

Der Serbe quält sich im Finale der Australian Open gegen den Österreich­er Dominic Thiem zu seinem 17. Grand-Slam-Titel.

- VON KRISTINA PUCK

MELBOURNE (dpa) Mit geschlosse­nen Augen genoss Novak Djokovic den Moment seines achten Triumphes bei den Australian Open, erlöst klatschte der Melbourne-Dominator mit den frenetisch­en serbischen Tennis-Fans ab. Als sich der 32-Jährige aus der brenzligen Situation gegen den österreich­ischen Herausford­erer Dominic Thiem doch noch befreit hatte und wieder zur Nummer eins der Tennis-Welt aufgestieg­en war, konnte er wieder lachen. „Es war definitiv eines der schwierigs­ten Endspiele, die ich hier hatte. Ich war kurz davor, dieses Match zu verlieren“, räumte Djokovic ein. „Ich bin gesegnet, diese Trophäe wieder in den Händen zu halten.“

Bei aller Euphorie nach seinem 6:4, 4:6, 2:6, 6:3, 6:4 wurde der Serbe aber auch ernst und lenkte den Blick auf Themen abseits von Tennis-Triumphen. „Dies ist eine Erinnerung an uns, dass wir mehr denn je zusammenha­lten sollen“, sagte der 32-Jährige am Sonntag. Der Rekordsieg­er der Australian Open dachte in seiner Siegesrede an seinen kürzlich bei einem Helikopter-Absturz gestorbene­n Freund und Mentor, den Basketball­er Kobe Bryant. Ebenso wie an die Opfer der australisc­hen Buschfeuer, für deren Hilfe beim ersten Grand-Slam-Turnier der Saison mehr als sechs Millionen australisc­he Dollar zusammenge­kommen sind. „Ich hoffe, dass ein Desaster wie dieses nie wieder passiert“, sagte auch der unterlegen­e Thiem.

Der erste österreich­ische Australian-Open-Finalist hatte den Favoriten im packenden Schlussakt des zweiwöchig­en Turniers stark unter Druck gesetzt. Seine Chance durch die Schwächeph­ase des Serben auf seinen ersten Grand-SlamTitel nutzte er aber auch in seinem dritten Endspiel bei einem der vier wichtigste­n Turniere nicht.

Als eine Vorhand des 26-jährigen Thiem beim ersten Matchball des Titelverte­idigers knapp seitlich im Aus landete, streckte Djokovic beide Zeigefinge­r nach oben und klopfte sich aufs Herz. Mit viel Mühe baute der Serbe seine imposante Siegesseri­e in Melbourne aus. Auch in seinem achten Endspiel der Australian Open blieb er unbezwunge­n und wird am Montag nach einem phasenweis­e wackeligen Auftritt gegen den Zverev-Bezwinger den Spanier Rafael Nadal als Nummer eins der Weltrangli­ste ablösen.

Begeistert küsste Djokovic den Norman Brooks Challenge Cup, klatschte mit den Ballkinder­n ab und schrieb für die große serbische Fan-Gemeinde ausgiebig Autogramme. Als Erster bei den Herren hat er nun in der Profi-Ära seit 1968 in drei Jahrzehnte­n GrandSlam-Titel gewonnen. Für den insgesamt 17. Erfolg bei einem der vier wichtigste­n Turniere verdiente er umgerechne­t rund 2,5 Millionen Euro und rückte wieder näher an Rekord-Grand-Slam-Turniersie­ger Roger

Federer aus der Schweiz (20) und Nadal (19) heran. „Es ist unwirklich, was du all die Jahre machst“, sagte Thiem. Drei Jahre dauert die Titelserie der „Big Three“an. Thiem hatte im Viertelfin­ale gegen Nadal und im Halbfinale gegen Zverev seinen Anspruch unterstric­hen, für seinen ersten Grand-Slam-Titel reif zu sein. „Du warst nah dran, und du hast definitiv noch viel mehr Zeit in deiner Karriere. Und ich bin sicher, du wirst eine der Grand-Slam-Trophäen bekommen. Mehr als eine“, sagte Djokovic zu Thiem.

In dem Tennis-Krimi über vier Stunden wirkte Djokovic zwischenze­itlich körperlich und mental angeschlag­en. Vom zweiten Satz an wackelte Djokovic. Als der Serbe sich zum zweiten Mal bei einem Aufschlag zu viel Zeit ließ, kassierte er eine zweite Verwarnung und hatte nur einen Aufschlag. Die prompte Folge: das entscheide­nde Break für Thiem zum Satzausgle­ich. Djokovic patschte beim Seitenwech­sel Schiedsric­hter Damien Dumusois auf die Schuhe und schimpfte: „Du machst dich selbst berühmt, gut gemacht.“

Thiem dominierte auf einmal das Geschehen und sicherte sich ohne all zu viel Gegenwehr auch Satz drei. Der Vorjahress­ieger bekam medizinisc­hen Rat, verließ beim Satzrückst­and den Platz. „Nach wie vor sieht Novak Djokovic körperlich nicht gut aus“, sagte Boris Becker als TV-Experte bei Eurosport über seinen früheren Schützling.

Im vierten Satz hatte sich Djokovic wieder gefangen, ihm glückte das Break zum 5:3. Plötzlich drehte sich die Partie zugunsten des Favoriten, der am Ende wieder der bessere Spieler war und seine riesige Erfahrung ausspielte.

 ?? FOTO: DITA ALANGKARA/DPA ?? Novak Djokovic jubelt nach einem schweren Spiel gegen Dominic Thiem erleichter­t über seinen Sieg bei den Australian Open.
FOTO: DITA ALANGKARA/DPA Novak Djokovic jubelt nach einem schweren Spiel gegen Dominic Thiem erleichter­t über seinen Sieg bei den Australian Open.

Newspapers in German

Newspapers from Germany