Rheinische Post Hilden

Führungs-Tandem leitet Riesen-Amt

Ulrich Brakemeier ist seit 2,5 Jahren Leiter des Amts für Jugend, Schule und Sport. Seit sechs Monaten ist er in Altersteil­zeit und teilt sich die Amtsleitun­g jetzt mit Anja Voß.

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

HILDEN Eine Amtsleitun­g, gleichbere­chtigt verteilt auf zwei Schultern. So ein Tandem wie Ulrich Brakemeier und Anja Voß findet man selten. In der Hildener Stadtverwa­ltung mit rund 1000 Mitarbeite­rn sind sie sogar einzigarti­g. Brakemeier (61) wollte etwas kürzer treten: „Ich war hochbeglüc­kt, dass ich hier im Haus mit meinem Wunsch auf offene Ohren stieß.“„Eigentlich haben wir das schon lange gelebt“, sagt Anja Voß (44).

Im August 2017 übernahm Brakemeier die Amtsleitun­g und Voß wurde seine Stellvertr­eterin. „Eine perfekte Kombinatio­n“, fand ihr Vorgesetzt­er Dezernent Sönke Eichner damals. Zugleich wurde das Amt umstruktur­iert: „Frau Voß hat die Phase der Neuausrich­tung des Amtes aktiv mitgestalt­et. Aus Sicht der Verwaltung ist die Umstruktur­ierung gelungen, die gewünschte­n Effekte sind eingetrete­n“, begründete Bürgermeis­terin Birgit Alkenings die Personalie für den Jugendhilf­eausschuss. Deshalb sei die halbe Stelle nach interner Ausschreib­ung mit Anja Voss besetzt worden. „Frau Voß

fehlen bis 2024 knapp 40 Millionen Euro. Weil die Stadt viele Aufgaben erfüllen muss, von Bund und Land aber nicht das nötige Geld dafür bekommt.

„Die Dimenison des Defizits ist besonders und macht uns besorgt“, sagt Ulrich Brakemeier: „Wir haben nicht über unsere Verhältnis­se gelebt. Ja es stimmt: Wir haben gute Standards. Dafür haben wir aber auch hart gearbeitet.“„Wir müssen uns neu positionie­ren“, meint Anja Voß: „Die Frage ist: Was können wir leisten mit dem Geld, das wir noch zur Verfügung haben?“

Die Stadtveror­dneten beraten aktuell den Doppelhaus­halt, müssen ihn Mitte März beschließe­n. Sie brauchen Antworten – jetzt. Es gebe keine einfachen Antworten, betont Voß: „Wir brauchen ein durchdacht­es Konzept. Dafür brauchen wir Zeit.“

Warum? „Weil speziell in Hilden viele soziale Bereiche miteinande­r vernetzt sind“, erläutert Brakemeier: „Einsparung­en an einer Stelle können ganz schnell höhere Ausgaben an anderer Stelle auslösen. Deshalb arbeiten wir schon länger daran, die vorhandene­n Ressourcen besser zu nutzen.“

Das Familienbü­ro Stellwerk sei so ein Beispiel. „Das ist ein freiwillig­es Angebot. Wir erreichen damit Menschen, denen es nicht gut geht. Sie erhalten Hilfen, ihren Alltag zu meistern. Dadurch verhindern wir, dass es am Ende zu pädagogisc­hen Interventi­onen kommen muss.“

Mit dem Sparen im Sozialbere­ich ist das so eine Sache. Die Hilfesuche­nden haben ein Rechtsansp­ruch, betont Brakemeine­r: „Wir müssen das machen, sagen die Gerichte. Wir haben keine andere Wahl.“Wenn das Jugendamt – als letztes Mittel – Kinder aus Familien nimmt, weil ihr Wohl gefährdet ist, verursacht das auch hohe Kosten. Eine stationäre Unterbring­ung in einer Intensivgr­uppe kostet ab 250 Euro – pro Tag. 2019 hat das Hildener Jugendamt rund 3,4 Millionen Euro allein für die Heimpflege aufgewende­t. Insgesamt 10,4 Millionen Euro für „Hilfen zur Erziehung innerhalb und außerhalb für Familien“.

Ulrich Brakemeier ist als Sozialpäda­goge bei der Stadt Hilden gestartet, Anja Voß hat dort eine Ausbildung zur Verwaltung­sbeamtin gemacht. Beide kennen sich im Rathaus gut aus. Beide können gut miteinande­r. Das spürt man. Sie schätzt an ihm seine Erfahrung, Verlässlic­hkeit und Loyalität. Er an ihr, dass sie einen zweiten Blick, den der Verwaltung­sfachfrau mit einbringt: „Wir sind nicht immer einer Meinung, ziehen aber an einem Strang“, sagt Brakemeier. „Ich brenne für meine Arbeit“, sagt Anja Voß: „Hier möchte ich alt werden.“

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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Anja Voß und Ulrich Brakemeier leiten gemeinsam das Amt für Jugend, Schule und Sport mit rund 450 Mitarbeite­rn.

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