Lehrer stellt Strafanzeige wegen Mobbings
Am Düsseldorfer Max-Planck-Gymnasium wehrt sich ein Lehrer gegen eine diffamierende Fotomontage. Ein neuer Elternbrief wirft der Schulleitung schwere Versäumnisse im Umgang mit der Krise vor.
DÜSSELDORF Am Düsseldorfer Max-Planck-Gymnasium hat es am Dienstag wohl nur ein Gesprächsthema auf dem Pausenhof und im Lehrerzimmer gegeben: die Mobbing-Attacken gegen Lehrer in den sozialen Medien und die deswegen gestrichenen Klassenfahrten. „Wir würden gerne wissen, wie die Beleidigungen konkret ausgesehen haben“, sagt die Mutter eines Schülers des Gymnasiums.
Die Schulleiterin gibt über den Inhalt keine Auskunft, sagt nur, dass die Diffamierungen gegen die Lehrer sehr heftig gewesen seien; aus ihrer Sicht hätten Schüler auch strafrechtlich relevante Bilder erstellt. Mindestens ein Lehrer hat deshalb bereits Strafanzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft hat wegen einer verunglimpfenden Fotomontage einer Lehrkraft auf Instagram ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet.
Nach Informationen unserer Redaktion könnte es sich dabei um sogenannte Memes handeln, also vermeintlich humoristische Fotomontagen, bei denen Motive mit Texten kombiniert werden. „Explizit geht es – so bin ich mir sicher – um Instagramseiten, welche Bilder von Lehrern mit versucht witzigen Bildunterschriften (Memes) zeigen. Diese wurden von einer Handvoll Schülern angelegt“, sagt ein Insider. Ihm seien die „diffamierenden Beiträge“über die „gemobbten Lehrer“bekannt. „Vielleicht war dies Verletzung des Rechts am eigenen Bild, und vielleicht gab es Kommentare unter diesen Beiträgen, die Beleidigungen enthielten“, sagt er.
Die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Maike Finnern, hatte unserer Redaktion gesagt, dass die Anfeindungen gegen Lehrer im Internet zunehmen würden. Entsprechende Zahlen erhebt das Schulministerium jedoch nicht. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) sollte das Thema ernster nehmen, als sie es bisher täte, sagte der SPD-Bildungsexperte Jochen Ott der Deutschen Presse-Agentur. „Wir reden hier ganz sicher nicht über Einzelfälle. Ich erwarte, dass das Schulministerium das Thema auf seine Agenda nimmt und entsprechende Maßnahmen ergreift. Ein erster
Insider des Gymnasiums
Schritt wäre eine zentrale Erfassung von Mobbing-Attacken“, so Ott.
Die Leiterin des Max-Planck-Gymnasiums hatte in einem Brief an Schüler und Eltern geschrieben, dass in den vergangenen Wochen „zahlreiche Einträge“in sozialen Medien wie Whatsapp und Instagram bekannt geworden seien, die sich „in beleidigender, diffamierender und rufschädigender Art gegen eine große Zahl der Lehrkräfte“richteten. Das Vertrauensverhältnis zwischen Schülern und Lehrern sei „erheblich gestört.“Zwei Klassenfahrten wurden abgesagt.
Einige Eltern hatten daraufhin einen anonymen „Brandbrief“an die Schulleitung und das Schulministerium geschickt, in dem sie ihr Missfallen über die gestrichenen Fahrten zum Ausdruck gebracht und die Ablösung der Schulleiterin gefordert haben. Unserer Redaktion liegt nun ein weiterer Elternbrief vor, in dem weitere schwere Vorwürfe gegen die Rektorin erhoben werden. Die getroffenen Sanktionen seien nicht zur Bestrafung der mehrheitlich unschuldigen Schüler geeignet. Außerdem sei diese Kollektivbestrafung auch verboten, meinen die Eltern, die mit Rücksicht auf ihre Kinder ebenfalls anonym bleiben möchten. Die Schulleiterin hätte den Eltern zufolge eine Schulkonferenz oder -versammlung einberufen müssen, um den Schülern den Tatbestand zu erläutern und in den offenen Dialog mit ihnen zu treten. „Mit ein wenig Geschick hätte man so sicherlich die Schüler davon überzeugen können, dass Cybermobbing ein inakzeptables Verhalten ist und sie so auf Ihre Seite bringen können“, heißt es in dem Brief.
Ingo Bott von der Düsseldorfer Kanzlei „Plan A“für Strafrecht sagt, dass Meinungsfreiheit Grenzen habe. „Diese fangen dort an, wo es um Fairness und Würde geht. Wer, wenn nicht eine Schule, hat ihre Schüler allerdings darüber aufzuklären. Mit dem Strafrecht zu drohen, ist ziemlich genau das Gegenteil“, so Bott. Der Jurist kritisiert, dass im Mobbingfall am Düsseldorfer Gymnasium die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wurde.
„Staatsanwaltschaften nutzen das scharfe Schwert des Strafrechts, um Taten aufzudecken, die das allgemeine Gesellschaftsinteresse betreffen. Das Binnenklima einer Schule gehört da nur sehr bedingt dazu“, so Bott. Wenn mit Strafverfolgungsbehörden gedroht werde, wo eigentlich Pädagogik, Aufklärung und Ausgleich gefragt seien, sei das kontraproduktiv. „Deutlicher kann eine Schule ihr Erziehungsversagen eigentlich gar nicht dokumentieren“, so Bott.
Die Bezirksregierung Düsseldorf teilte mit, dass „aus Anlass der aktuellen Ereignisse“für das Kollegium des Max-Planck-Gymnasiums „zeitnah eine Beratungs- und Informationsmaßnahme zum Umgang mit Cybermobbing und den rechtlichen Fragen geplant“sei. „Ziel aller am Schulleben Beteiligten ist es, die Geschehnisse gemeinsam aufzuarbeiten und den Umgang miteinander konstruktiv und respektvoll zu gestalten.“
„Explizit geht es um Instagramseiten, welche Bilder von Lehrern mit versucht witzigen Bildunterschriften (Memes) zeigen“