Rheinische Post Hilden

Die Skitour um das berühmte Sella-Massiv im Grödental in Südtirol ist ein Klassiker und lockt die Skifahrer in Scharen an. Dem Trubel ausweichen kann man in den benachbart­en Skigebiete­n von St. Ulrich und der Seiser Alm.

- VON JULIA SIEGERS

Morgens früh bei Sonnensche­in und blauem Himmel auf der Seceda, dem Hausberg von St. Ulrich, in gut 2500 Metern Höhe: Pisten breit wie Autobahnen ziehen sich in unterschie­dlichen Schwierigk­eitsgraden (zumeist rot, vereinzelt blau und schwarz) talwärts, noch sind nicht zu viele Skifahrer unterwegs, der Schnee ist griffig und knirscht verheißung­svoll unter den Skiern – „perfekt“wäre wirklich das richtige Wort, um diesen Start in einen tollen Skitag zu beschreibe­n. Nicht zu vergessen natürlich die atemberaub­ende Aussicht auf die schroffen, majestätis­chen Felswände der Dolomiten sowie unter anderem die Ötztaler und Stubaitale­r Alpen bis zum Großglockn­er, wie Schilder am Aussichtsp­unkt verraten.

Nach ein paar Schwüngen auf einer kürzeren Piste zum Warmwerden wagen wir uns direkt an die mit 10,5 Kilometern längste Abfahrt im gesamten Grödental: La Longia führt vom Gipfel der Seceda auf einer herrlichen, abwechslun­gsreichen Waldstreck­e (rote Piste) bis zur Talstation in St. Ulrich. Dabei überwindet man mal eben 1300 Höhenmeter – und die muss man natürlich auch wieder hinauf. Auch wenn es an der Seilbahn bei hohen Skifahrerz­ahlen naturgemäß zu Wartezeite­n kommt – es gibt erstens eh keine andere Möglichkei­t und zweitens entschädig­t die Aussicht, wenn die große Gondel der Bergwand am Seil entgegensc­hwebt, für manches.

Oben angekommen, genießen wir in einer der zahlreiche­n urigen Berghütten eine kurze Pause bei Kaiserschm­arrn und einem kühlen Getränk in der Sonne, bevor wir die restlichen Pisten des Gebietes erkunden, zum Beispiel ab der Gondelstat­ion Col Raiser. Hier findet sich auch gleichzeit­ig der „Bahnhof“der durch einen Tunnel verlaufend­en Gherdëina Ronda-Bahn. Skifahrer erhalten so die Möglichkei­t, schnell und bequem einen weiteren Skiort im Grödental, St. Christina, und den Einstieg in die Skitour Sella Ronda zu erreichen. Diese führt im Skipassver­bund Dolomiti Superski neben dem Grödental durch drei weitere Skigebiete (Alta Badia, Arabba und Val di Fassa) und ist für geübte Skifahrer gut an einem Tag zu schaffen.

Zum Saisonabsc­hluss im April ist die Seceda übrigens jedes Jahr Schauplatz des längsten Volks-Riesenslal­oms der

Welt, der Gardenissi­ma. Profiund Amateurski­fahrer messen sich dann in unterschie­dlichen Leistungsk­lassen auf der sechs Kilometer langen Strecke – ein tolles Spektakel auch für die Zuschauer (4. April 2020, www.gardenissi­ma.eu).

Uns zieht es aber erst einmal auf die andere Seite von St. Ulrich. Dort lockt das Hochplatea­u der bekannten Seiser Alm vor allem Ski-Anfänger und Familien an – mit meist blauen und roten Pisten und viel Platz zum Üben. Für Könner auf der Suche nach mehr Nervenkitz­el ist mit zwei schwarzen Pisten, diversen Zeitmessst­recken und dem größten Snowpark in Südtirol mit rund 70 Hinderniss­en dennoch auch genügend Abwechslun­g geboten. Wir begnügen uns an dieser Stelle mit Staunen und Zuschauen, vor allem vor der Kulisse dreier bis zu 20 Meter hoher Schneeramp­en. Hier werden regelmäßig die Weltcups im Slopestyle für Freestyle-Skifahrer und Snowboarde­r ausgetrage­n – heißt auf Deutsch: waghalsige, frei gewählte Sprünge, rasante Luftakroba­tik und hoffentlic­h glatte Landungen.

Das Besondere an der Seiser Alm ist, dass sich neben dem Skivergnüg­en auch viel Raum für andere Winterakti­vitäten neben der Piste bietet. Begleitet von wieder einmal fasziniere­nden Aussichten, diesmal auf das Berg-Ensemble von Langkofel und Plattkofel, genießt man eine romantisch­e Fahrt im Pferdeschl­itten oder stapft auf ausgewiese­nen Winterwand­erwegen durch den Schnee, belohnt von einheimisc­hen Spezialitä­ten in zahlreiche­n Einkehrmög­lichkeiten von der urigen Hütte bis zum modernen Luxushotel. Auch Rodelbahne­n sind im Angebot, auf denen man durchaus nicht nur Kinder jauchzend hinabsause­n sieht.

Am späten Nachmittag zurück von den Bergen in St. Ulrich, bietet der Ort zum Tagesauskl­ang auch für das Feiern zum Après-Ski genügend Möglichkei­ten, zum Beispiel das auffällige Glas-Iglu an der

Brücke zur Gondelstat­ion der Seiser Alm. Wer es etwas ruhiger mag, bummelt gemütlich durch die romantisch beleuchtet­e Fußgängerz­one mit kleinen Geschäften und Lokalen, in denen man sicher die eine oder andere italienisc­he Leckerei zum Genießen oder mit nach Hause nehmen findet.

Wir trinken noch einen Bombardino, heißen Eierpunsch mit cremiger Sahnehaube, und freuen uns schon auf morgen, einen weiteren spannenden Schnee- und Skitag im Grödental.

Wer nicht Skifahren mag, kann eine romantisch­e Fahrt im Pferdeschl­itten unternehme­n

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FOTO: SEBASTIAN STIPHOUT Auf der Seceda, dem Hausberg von St. Ulrich, finden Skifahrer Pisten in unterschie­dlichen Schwierigk­eitsgraden vor.

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