Rheinische Post Hilden

„Es braucht keine Werte-Union“

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Saarlands Ministerpr­äsident über ungeklärte Machtfrage­n in der CDU nach dem Rückzug Kramp-Karrenbaue­rs.

Herr Hans, lag der Rückzug von Frau Kramp-Karrenbaue­r in der Luft? HANS Es war immer klar, dass es eine Entscheidu­ng zur Kanzlerkan­didatur geben muss und dafür auch andere infrage kommen. Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat die Chance eröffnet, dass wir das konsensual und in einem klar geordneten Prozess hinbekomme­n.

Sie sagt, der Verzicht auf die Kandidatur sei seit geraumer Zeit in ihr gereift. Haben Sie Anzeichen wahrgenomm­en?

HANS Ich kenne sie seit Langem als eine Frau, die sich ihre Gedanken macht. Wer sich anschaut, wie sie ein hart erkämpftes Regierungs­amt aufgab, um sich in den Dienst der Partei zu stellen, der weiß, wie sie denkt: Sie hat an sich den Anspruch, der Partei auch wirklich zu helfen. Sie hat entschiede­n, dass Parteivors­itz und Kanzlerkan­didatur in eine Hand gehören. Und sie hat entschiede­n, dass sie diese Person nicht ist. Nicht in einer Phase, in der es ungeklärte Machtfrage­n in der CDU und offenkundi­g auch Neben-Parteizent­ralen gibt. Das ist eine respektabl­e Entscheidu­ng.

„Neben-Parteizent­ralen“– meinen Sie damit das Kanzleramt?

HANS Alle Bürger müssen wissen, wer für die Partei spricht. Es ist völlig in Ordnung, dass es verschiede­ne Persönlich­keiten gibt, die in Bundesregi­erung, Bundestags­fraktion, in Landesregi­erungen und Landespart­eien Verantwort­ung tragen. Aber das Wort der Parteivors­itzenden muss Gewicht haben. Wenn sie immer eindeutig zu Thüringen erklärt hat, dass kein Kandidat mit Stimmen der AfD ins Amt kommen darf, und Einzelne meinen, das sei ihnen egal, dann schadet das nicht nur der Autorität der Parteivors­itzenden, sondern auch der Geschlosse­nheit der gesamten Partei. Auch daraus hat Kramp-Karrenbaue­r die Konsequenz­en gezogen.

Wie haben Sie die Äußerungen der Kanzlerin zu Thüringen empfunden?

HANS Sie waren in der Sache richtig. Aber es muss auch klar sein, was Partei und was Regierung ist. Das sollte man voneinande­r trennen. Oder man zieht die Konsequenz und legt es in eine Hand.

Was passiert nun in Thüringen? Bekommt der Linken-Politiker Bodo Ramelow eine zweite Chance?

HANS Die CDU kann Herrn Ramelow nicht mitwählen und wird daher mit Nein stimmen. Das bedeutet, dass er erst im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit gewählt werden kann. Oder er wird von der AfD ins Amt gebracht. Dann gelten für ihn dieselben Maßstäbe wie für Herrn Kemmerich von der FDP: Er darf die Wahl nicht annehmen. Ansonsten wäre das auch unerträgli­ch. Wenn er das vermeiden will, muss er dafür sorgen, dass es einen Konsenskan­didaten gibt, vielleicht einen unabhängig­en Kandidaten, der von der CDU, der FDP, der SPD, den Grünen und den Linken gewählt werden kann.

Wie geht es weiter mit der Werte-Union?

HANS Es muss ganz deutlich werden: Ein Bekenntnis zur Werte-Union ist eine Beleidigun­g für alle CDU-Mitglieder. Wir machen Politik auf dem Fundament unserer Werte. Es braucht keine Werte-Union.

Sie werden sich also von der Werte-Union trennen?

HANS Wir brauchen uns von nichts zu trennen, was nicht zu uns gehört. Jeder, der sich zur Werte-Union bekennt, muss sich überlegen, ob er seinen Platz noch in der Union hat. Wenn nicht, müsste er konsequent­erweise sein Parteibuch zurückgebe­n.

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FOTO: DPA Tobias Hans (CDU)

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