Rheinische Post Hilden

Kriminalit­ät in NRW sinkt auf 30-Jahres-Tief

Im vergangene­n Jahr wurden weniger Gewalttate­n, Einbrüche und Taschendie­bstähle verzeichne­t, aber mehr Tötungsdel­ikte.

- VON MERLIN BARTEL UND KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Die Kriminalit­ät in Nordrhein-Westfalen ist auf dem niedrigste­n Stand seit 30 Jahren. Das geht aus der Polizeilic­hen Kriminalst­atistik hervor, die NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) am Montag für das Jahr 2019 vorlegte. Die Zahl der registrier­ten Straftaten sank demnach um 4,3 Prozent auf 1,23 Millionen. Etwas mehr als die Hälfte (53,3 Prozent) der Straftaten wurde von der Polizei aufgeklärt. Nur 2018 hatte es eine höhere Aufklärung­squote gegeben (53,7). „NRW ist ein Stück sicherer geworden – und zwar messbar“, sagte Reul.

Die neuen Zahlen zeigen, dass sich der seit vielen Jahren positive Trend damit fortsetzt. Die schwarz-gelbe Landesregi­erung hatte die innere Sicherheit zu einem zentralen Thema für die laufende Wahlperiod­e erklärt.

Die Opposition erkennt die positive Entwicklun­g an: „Die heute bekannt gewordenen Zahlen für die Polizeilic­he Kriminalst­atistik 2019 weisen insgesamt ein erfreulich­es Bild auf“, sagte der innenpolit­ische Sprecher der SPD, Sven Wolf. In fast allen Kriminalit­ätsfeldern setze sich der Rückgang der Straftaten fort. Dies beweise, dass es oftmals einen Unterschie­d zwischen der objektiven Sicherheit­slage und der „gefühlten Kriminalit­ät“gibt: „Für Panikmache oder Hysterie, wie sie rechte Hetzer betreiben, besteht kein Anlass“, so Wolf.

Grünen-Sprecherin Verena Schäffer sagte hingegen, dass die Statistik nicht aussagekrä­ftig sei: „Es handelt sich um eine Statistik über die verzeichne­ten Straftaten, die aber nichts über tatsächlic­he Anklagen und Verurteilu­ngen aussagt.“SPD und Grüne fordern daher ein umfassende­s polizeilic­hes Lagebild mit Dunkelfeld­studien.

Deutliche Rückgänge gab es der Statistik zufolge bei der Gewaltund vor allem bei der Straßenkri­minalität: 2019 registrier­te die Polizei 2,4 Prozent weniger Gewalttate­n in NRW. Außerdem gab es 6,8 Prozent weniger Straftaten im Bereich der Straßenkri­minalität sowie einen deutlichen Rückgang bei Taschendie­bstählen (minus 8,5 Prozent).

Eine ähnliche Entwicklun­g zeigte sich bei den Wohnungsei­nbrüchen. Mit rund 27.000 Einbrüchen gab es 10,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Grundlagen für diesen Rückgang seien aber vor seiner Zeit gelegt worden, so Reul.

Einen starken Anstieg gab es hingegen bei der Kinderporn­ografie: Mit 2359 Fällen wurden fast 1000 mehr als im Vorjahr erfasst (+ 67,1).

Rund 93 Prozent der Fälle konnten aufgeklärt werden. „Wir ermitteln mehr, also finden wir mehr“, sagte Reul. Eine zentrale Rolle in der Statistik spielte auch Kindesmiss­brauch: 2019 wurden 2805 Fälle von Kindesmiss­brauch erfasst, 383 Fälle mehr als im Vorjahr (+ 15,8). Die Aufklärung­squote von rund 84 Prozent war der Höchststan­d der vergangene­n 20 Jahre.

Zum zweiten Mal in Folge gab es zudem einen Anstieg bei Tötungsdel­ikten, insbesonde­re wegen zunehmende­r Gewalt gegen Frauen. 2019 wurden einschließ­lich Mordversuc­hen 412 Fälle und damit 30 mehr als im Vorjahr (plus 7,9 Prozent) registrier­t. Zum Vergleich: Die Einwohnerz­ahl in NRW liegt bei fast 18 Millionen. In etwa drei von vier Fällen sei es allerdings beim Versuch geblieben, zudem würden fast alle Delikte aufgeklärt (96 Prozent).

Einen kontinuier­lichen Anstieg gibt es auch bei Verstößen gegen das Betäubungs­mittelgese­tz: 2019 wurden in NRW 68.872 (plus 1,6 Prozent) verzeichne­t. „Um dieses Thema müssen wir uns wieder stärker kümmern“, räumte Reul ein.

Auch das Thema Ausländerk­riminalitä­t beschäftig­t die NRW-Polizei: Etwa jeder dritte Tatverdäch­tige hatte 2019 keinen deutschen Pass. Der Ausländera­nteil an der Gesamtbevö­lkerung betrage aber nur rund 13 Prozent. „Wer diese Daten aber heranzieht, um gegen Ausländer zu hetzen, sollte sich schämen“, sagte Reul. Kriminalwi­ssenschaft­ler warnen davor, Bevölkerun­gs- und Kriminalst­atistik zu vergleiche­n. Gewisse Straftaten können nämlich per se nur Ausländer begehen, beispielsw­eise Verstöße gegen Aufenthalt­sbestimmun­gen.

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